1904 – 1906, 1910 – 1912 (erweitert)
Architekt: Otto Wagner
Georg-Coch-Platz 2, Wien, Österreich
Postsparkasse
Die denkmalgeschützte Österreichische Postsparkasse in Wien, die von 1904 bis 1912 in zwei Abschnitten über trapezförmigen Grundriss errichtet wurde, ist in Hinblick auf die Entwicklung der modernen Architektur das wichtigste Werk Otto Wagners.
Fassade
Die Wirkung der rational gestalteten Fassade wird wesentlich von den Materialien bestimmt: Granit, Marmor und Aluminium bilden einen strengen wie einfachen Rhythmus von Wand und Öffnungen.
Die Granitplatten des Sockels der Fassade sind mit versenkten Stiften mit Aluminiumköpfen fixiert.
Im Gegensatz dazu sind die nur zwei Zentimeter dicken weißen Marmortafeln der Obergeschosse mit erhabenen Bolzen mit Aluminiumköpfen fixiert.
Diese unterschiedliche Art der Befestigung erzeugt ein subtiles Ornament, welches durch vertikale Plättchen ergänzt wird, die Stützen und Basen von Pilasterstellungen andeuten sollen.
Die Beschlagung der Fassade mit aluminiumverkleideten Eisenbolzen stellt sowohl eine technische Notwendigkeit als auch eine programmatische Bekundung der Moderne dar.
Gleichzeitig steht das Gebäude als eine mit Eisen beschlagene Schatztruhe für den Prototyp der sicheren Verwahrung des gesparten und veranlagten Geldes.
Attikaaufsatz und Figuren
Der Mittelrisalit der Sparkasse ist von einem mit Lorbeerkränzen verziertem Attikaaufsatz bekrönt.
Die vier Meter hohen Nikefiguren an den oberen Ecken der Hauptfassade stammen von Othmar Schimkowitz und sind aus Aluminiumguss.
Das von Otto Wagner als neues Baumaterial verwendete Aluminium findet sich auch bei dem markanten Vordach des Eingangs.
Innenräume
Durch das großzügige Vestibül gelangt man in den zentralen Schalterraum im glasüberdachten Innenhof.
Die Kassenhalle mit ihren durchdacht entworfenen Details wie den Beleuchtungskörpern oder den Warmluftausbläsern der Heizungsanlage ist ein herausragendes Beispiel funktionalistischer Architektur der frühen Moderne.
Otto Wagner entwarf sämtliche Details mit dem Ziel größtmögliche Zweckmässigkeit und Gebrauchsfähigkeit zu erreichen.
Ausstattung
Bodenbeläge, Wandtäfelungen, Teppiche, Heizkörper, Lampen, Uhren, Türschnallen, Stehpulte, Schalter, Hocker, Sitzbänke, Sessel, Schreibtische, Kleiderschränke, Etagèren bis hin zu den Safes sind diesem Prinzip unterworfen.
Die Füße der Sitzmöbel in der Postsparkasse sind mit Manschetten, die Armlehnen mit Bändern beschlagen, dies schützt nicht nur vor der Abnützung, sondern unterstreicht ebenso ihre Besonderheit.
Der Gebrauchswert der Warmluftausbläser im zentralen Kassensaal wird ästhetisch überhöht, sie werden zu Ikonen des Designs.
„Alles modern Geschaffene muß unser eigenes besseres, demokratisches, selbstbewußtes, unser scharf denkendes Wesen veranschaulichen“ Otto Wagner, 1913
Sanierung
2005 wurde das Sparkassengebäude generalsaniert.
Die Arbeiten umfassten folgende Bereiche: Restaurierung der historisch besonders bedeutsamen öffentlichen Bereiche und des Vorstandsbereichs, Entfernung der nachträglich errichteten Fenstervergitterungen im Sockelbereich des Gebäudes, Rückführung von Innenräumen in den ursprünglichen, von Otto Wagner intendierten Bauzustand.
Dazu kam der Umbau und die Instandsetzung der Büroräume, die Restaurierung der großen Kassenhalle sowie der darüber liegenden zweischaligen Stahl-Glas-Dachkonstruktion, die Sanierung der Fassaden des innen liegenden Fliesenhofs sowie die Errichtung eines neuen Schutzdachs über dem Fliesenhof zum Schutz der darunter liegenden Bausubstanz.