Chemnitz: Kaufhaus Schocken

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela ChristmannKaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann
Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

1927 – 1930

Architekt: Erich Mendelsohn

Stefan-Heym-Platz 1, Chemnitz

1927 erhielt der Architekt Erich Mendelsohn, der bereits für die Brüder Simon und Salman Schocken in Nürnberg und Stuttgart Kaufhäuser entworfen hatte, den Auftrag, die Chemnitzer Filiale des in Zwickau ansässigen Konzerns zu planen.

Schocken-Kaufhäuser. Zeitgenössische Collage

Schocken-Kaufhäuser. Zeitgenössische Collage

Kaufhaus Schocken Nürnberg, 1925-1926. Architekt: Erich Mendelsohn. Zeitgenössische Ansichtskarte

Kaufhaus Schocken Nürnberg, 1925-1926. Architekt: Erich Mendelsohn. Zeitgenössische Ansichtskarte

Es sollte das größte Schocken-Kaufhaus Deutschlands werden. 1929 wurde mit dem Bau begonnen, und am 15. Mai 1930 konnte das Kaufhaus eröffnet werden.

Das denkmalgeschützte Warenhaus wurde nach Plänen von Erich Mendelsohn errichtet und zählt zu den Ikonen der Architektur der Moderne.

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Zeitgenössische Aufnahme. Quelle: Salman Schocken Family Archive

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Zeitgenössische Aufnahme. Quelle: Salman Schocken Family Archive

Standort Chemnitz

Der große Erfolg seines Nürnberger Kaufhauses führte noch vor Vollendung des Stuttgarter Baus zu einer weiteren Beauftragung Mendelsohns durch den Schocken-Konzern. Nun sollte er das große Kaufhaus Schocken in der florierenden Industriestadt Chemnitz planen.

Die positive Einschätzung der Chancen in Chemnitz, selbst im Jahr 1930, als sich die Konsequenzen der Weltwirtschaftskrise bereits deutlich abzeichneten, war durchaus begründet.

Dies gilt ebenso für Nürnberg und Stuttgart mit ihren ähnlich gearteten Voraussetzungen, insbesondere, wenn man diese unter dem Aspekt der Wirtschaftszweige, des Industrialisierungsgrads und der daraus resultierenden Kaufkraft der Bevölkerung betrachtet.

Industriestadt

Chemnitz stellte den Mittelpunkt des sich vom Saum des Erzgebirges bis zum Mittelsächsischen Bergland erstreckenden Industriegebiets dar. Die Stadt zählte zu den bedeutendsten Industriestädten Sachsens und des gesamten mitteldeutschen Raumes.

Produziert wurden vor allem Strümpfe, Trikotagen, Textilaufbereitungs- und Textilsondermaschinen, Werkzeugmaschinen aller Art, Büromaschinen, Chemikalien, Kraftfahrzeuge einschließlich Zubehör sowie Möbel.

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts hatte die Stadt das Gepräge einer schnell gewachsenen Industriemetropole erhalten. Die örtliche Lage sowie die Nähe zum Lugau-Oelsnitz-Zwickauer Steinkohlengebiet und zum dicht besiedelten zentralen Erzgebirge begünstigten die Stadtentwicklung.

Abgesehen von den 348.000 Einwohnern und ihrer Kaufkraft in Chemnitz konnte das neue Kaufhaus auch auf die Kaufkraft der zahlreichen Pendler zählen, die täglich in die Stadt kamen.

Planung und Ausführung

Erich Mendelsohn gelang es, dem Kaufhaus bereits mit nur wenigen Skizzen ein unverwechselbares Äußeres zu verleihen, das die Aufmerksamkeit aller Passanten auf sich zog. In seinem Nachlass finden sich dazu lediglich fünf Blätter.

Aus Notizen in Briefen an seine Frau, Luise Mendelsohn, geht hervor, dass die Planungen bereits im Dezember 1927 begannen, sich aber über den langen Zeitraum bis Frühjahr 1929 hinzogen, bis schließlich das Baugesuch eingereicht werden konnte.

Obwohl noch Änderungen erforderlich waren, begannen die Bauarbeiten im Sommer 1929. Anders als bei den beiden früheren Schockenbauten in Nürnberg und Stuttgart übertrug der Konzern zum Missfallen Mendelsohns die Überwachung der Arbeiten seinem hauseigenen Bauleiter Heinze.

Im Februar 1930 genehmigte die Stadt Chemnitz die modifizierten Pläne. Zu diesem Zeitpunkt war das Haus schon fast vollendet.

Am 15. Mai 1930 fand die feierliche Eröffnung in Anwesenheit von Salman Schocken und Erich Mendelsohn statt.

Grundstück und Lage im Stadtbild

Das Grundstück in Form eines Viertelkreises am Rande des Chemnitzer Stadtzentrums hatte seine Schauseite zum Kreisausschnitt hin. Die Seitenfassaden waren stadträumlich irrelevant und gestalterisch von Nutzungserwägungen geprägt.

Mendelsohns Aufgabe war also eine ganz andere als bei dem von allen Seiten einsehbaren Warenhaus, das sich mitten in der Stuttgarter Altstadt im Bau befand.

In Chemnitz musste die Wirkung von einer einzigen Ansicht ausgehen. Diese sollte den Charakter des Kaufhauses als Warenlager zum Ausdruck bringen und bereits von außen eine klare Trennung zwischen Verkaufsgeschossen und Treppenhäusern schaffen.

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Zeitgenössische Aufnahme. Quelle: Salman Schocken Family Archive

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Zeitgenössische Aufnahme. Quelle: Salman Schocken Family Archive

Konstruktion

Das Chemnitzer Kaufhaus Schocken ist ein neungeschossiger Stahlbetonbau, wobei die Stützen aufgrund der gebogenen Form der Fassade in unterschiedlich großen Abständen stehen.

Die äußerste Stützenreihe steht im Erdgeschoss 2,50 Meter und im ersten bis vierten Obergeschoss aufgrund des vorkragenden Erkers sogar 3,50 Meter hinter der Fassade.

Die Hauptfassade ist eine sogenannte Vorhangfassade.

Mendelsohn unterbrach die nur durch die Tragkonstruktion getrennten Verkaufsräume mit vier Treppenhäusern und drei Aufzügen an den äußersten Punkten des Kreissegments. Hinzu kamen vier Rolltreppen, ein Lastenaufzug sowie eine Hebebühne.

Auf einen Lichthof, wie er bei älteren Kaufhäusern zu finden war, verzichtete er jedoch zugunsten vergrößerter Verkaufsflächen.

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Fassade und Fenster

Mendelsohns Hauptaugenmerk galt der Gestaltung der Hauptfassade. Er entwickelte Fensterformate, die die verschiedenen Fassadenteile miteinander verbanden. Zwei gegenläufige Formen fallen auf, die Mendelsohn bewusst kontrastierte: Dem horizontalen Charakter der Verkaufsgeschosse setzte er die Vertikalen der beiden seitlichen Treppenhäuser entgegen. Deren liegende Fensterformate zog er wiederum zwischen Schaufenstern und vorkragendem Erker über die gesamte Fassadenbreite durch. Dadurch betonte er das schwebende Aussehen der 56 Meter breiten nichttragende Fassade.

Schocken-Schriftzug

Ursprünglich plante Mendelsohn, auf dem Dach des Gebäudes einen riesigen Schriftzug mit dem Wort „SCHOCKEN” zu montieren. Beim ausgeführten Bau verzichtete er jedoch darauf. Stattdessen verwendete er kleine Lettern über den vier Eingängen zum Kaufhaus.

Der Schriftzug als Werbeträger war überflüssig geworden. Der Bau selbst, die Architektur, war das neue Signet Schockens. Entscheidend hierfür war die Inszenierung der Architektur durch künstliche Beleuchtung. Sie erzeugte den Positiv-Negativ-Effekt, den Mendelsohn bereits beim Stuttgarter Bau erreicht hatte.

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Innengestaltung

Entsprechend Schockens und Mendelsohns Credo, dass das Primäre eines Geschäfts die Ware sei, war das Innere schlicht ausgestattet. Die Fenster hatten über Fussboden eine Brüstungshöhe von 1,45m, damit an den Aussenwänden Regale untergebracht werden konnten.

Die Fenster reichten bis unter die Decke, warfen das Licht gegen die Decke und reflektierten es auf Ware und Verkaufsraum. Der sehr rationale Bau verzichtete bewusst auf alles Schmückende.

Noch mehr als das Stuttgarter Geschäft spiegelte das Chemnitzer Geschäft – vor allem in seiner Innenausstattung – Mendelsohns Bewunderung für amerikanische Fabriken mit Tageslichtbeleuchtung wider, die er in Buffalo und Detroit besucht hatte.

Die Erkerfenster waren in sich wiederholenden Strukturen angeordnet und so gestaltet, dass möglichst viel Licht in die Betonrahmen eindringen konnte.

In Chemnitz kehrten Mendelsohn und sein Auftraggeber zu der schlichten Inneneinrichtung zurück, die sie bereits in Nürnberg verwendet hatten. Auf die aufwändigere Ausstattung und die Lichteffekte des Stuttgarter Geschäfts wurde verzichtet.

Die rhythmische Inszenierung der großzügigen Räume sorgte für eine klar wahrnehmbare Struktur des Verkaufsraums, dessen Einheitlichkeit durch den durchgehenden Linoleumboden noch verstärkt wurde. Dieser reflektierte das Licht in die tiefen Innenräume.

Auf Nischen und dramatische Effekte wurde gänzlich verzichtet – ein weiterer Beweis für Salman Schockens Überzeugung, dass sich das Angebot an preisgünstigen Waren fast von selbst verkaufen würde.

Die beiden zentralen Eingänge verfügten über Drehtüren, und drei Rolltreppen verbanden die verschiedenen Verkaufsebenen im Inneren des Gebäudes.

Baubeschreibung und Hauszeichen

Die Schocken KG veröffentlichte zur Zeit der Fertigstellung des Projekts die Baubeschreibung von Erich Mendelsohn zusammen mit zahlreichen Abbildungen und Plänen in mehreren Fachzeitschriften. Außerdem druckte sie diese als Inserat in der Chemnitzer Tagespresse ab. Ergänzt wurde der Text durch eine Aufstellung aller an der Ausführung beteiligten Firmen.

In jeder Anzeige war von Beginn an das von Mendelsohn entworfene Hauszeichen der Firma zu sehen, ein stilisiertes „S”.

Im Folgenden sind Auszüge der Baubeschreibung Mendelsohns wiedergegeben, die einen Überblick über die Architektur und Konstruktion des Gebäudes geben.

Hauszeichen Schocken. Entwurf: Erich Mendelsohn

Hauszeichen Schocken. Entwurf: Erich Mendelsohn

Lage (Baubeschreibung Mendelsohn)

„Das Baugelände befindet sich auf dem Grundstück des ehemaligen Versorgungshauses in der Brückenstraße 9 und 11 und bildet einen sich zur Brückenstraße hin öffnenden Kreisausschnitt, der die zur Straße hin vorspringende stumpfe Ecke ausrundet. Dadurch ergibt sich eine architektonisch wirksame, ungebrochene Front und eine größere Übersichtlichkeit im Straßenverkehr.

Das Baugrundstück wird also an der Peripherie von der Brückenstraße und an den Seiten von der Brückenschule bzw. dem Nachbarn Schnicke begrenzt. Der Hof ist über eine Durchfahrt von der Straße aus zu erreichen.

Der gesamte Bautrakt verfügt über sechs Vollgeschosse mit einer Höhe von jeweils 5 bzw. 3 Metern sowie ein durchgehendes Kellergeschoss mit unterkellertem Hof. Daraus ergibt sich eine Hauptgesimshöhe von ca. 23,50 m. Außerdem sind noch zwei um 45 Grad zurückgestaffelte Aufbaugeschosse und eine gedeckte Terrasse über dem obersten Geschoss vorhanden.

Der Haupttrakt an der Seite der Schule ist in voller Höhe durchgeführt. Auf der anderen Seite reicht die Hochbebauung bis zu einer Tiefe von 21 m, gemessen ab der Straße.
Aus der Mitte der Front springt über dem Erdgeschoss ein etwa 56 m breiter und 1 m ausladender Erker vor, der von Auskragungen des Eisenbetonskeletts getragen wird.

Er wird an beiden Seiten von senkrecht aufsteigenden Treppenhäusern flankiert, deren Glasflächen das Fensterband zwischen Erker und Schaufensterscheibe aufnehmen. Vier Eingänge sind gleichmäßig über die gesamte Front verteilt.“

Konstruktion und Material (Baubeschreibung Mendelsohn)

„Der Bau ist als Eisenbeton-Skelettbau ausgeführt, mit Mauerwerk ausgefacht und an den Hof- und Seitenfronten verputzt. An der Straßenfront ist er mit Auerkalkstein verkleidet. In der Breite des Erkers tritt die Stützenkonstruktion 3,50 Meter hinter die Front zurück und schafft so eine vollkommen freie Geschossfenster- und Schaufensterfront.

Dem Verkehr dienen vier Treppenhäuser, drei normallaufende Personenaufzüge mit Mikrofeineinstellung, vier Rolltreppen vom ersten bis in das fünfte Geschoss, ein Lastenaufzug und eine Hebebühne. Die Treppenhäuser haben eine Laufbreite von 2,20 m und führen vom 1. bis ins 8. Geschoss.

Für das 6., 7. und 8. Geschoss, die als Büro- und Lagergeschosse verwendet werden, ist eine vierte Treppe mit einer Laufbreite von 1,20 m angeordnet. Vom 1. bis zum 5. Geschoss hat sie keine Verbindung mit dem Warenhaus.“

Belichtung (Baubeschreibung Mendelsohn)

„Die Fenster an den Hof- und Straßenfronten haben über Fußboden eine Brüstungshöhe von 1,80 m, damit an den Außenwänden Regale untergebracht werden können. Die Fenster gehen bis unmittelbar unter die Decke, werfen das Licht gegen die Decke und reflektieren es auf Ware und Verkaufsraum, ein System, das seit dem Schocken-Bau Nürnberg bei allen Kaufhäusern der Neuzeit angewendet wird. An der Straßenseite sind durchlaufende Fensterbänder, da die ausgekragte Konstruktion unmittelbar an der Fensterfront keine Stützen erfordert. Dadurch wird jeder Verlust an Lichtfläche vermieden. Die Hoffronten haben Einzelfenster.“

Heizung und Lüftung (Baubeschreibung Mendelsohn)

„In Verbindung mit einer Luftheizung sorgt eine Niederdruckdampfheizung für die Beheizung des Gebäudes. Die gesamte maschinelle Anlage der Heizung ist im Keller untergebracht.
Eine künstliche Belüftung ist für den Keller sowie das erste bis vierte Geschoss vorgesehen.“

Ausgestaltung der Räume und der Fassade (Baubeschreibung Mendelsohn)

„Alle Räume sind in hellen Farben gehalten. In Verbindung mit den großen Fensterbändern verleihen sie dem gesamten Gebäude die größtmögliche Helligkeit.
Die Fußböden in sämtlichen Etagen sind mit Linoleum, die Treppenläufe mit Yara-Holz belegt. Die Wände der Vordertreppen im Erdgeschoss sowie der Haupttreppe an der Hofseite sind in ganzer Höhe mit Solnhofer Platten verkleidet. Toiletten und Nebenräume sind gefliest; der Fußboden des Lebensmittelraums besteht aus gesinterten Platten.“

Allgemeines (Baubeschreibung Mendelsohn)

„Der sehr rationale Bau verzichtet bewusst auf alles Schmückende. Selbst die Schaufenster haben schlichte Holzrahmen. Nur die Brüstungsflächen an der Straßenfront sind mit einem edlen Material verkleidet. Die große Wirkung der Fassade resultiert aus ihrer Höhe, der feinen Proportion der gestaffelten Baumasse, der klaren Gliederung der hellen Front, dem gelagerten, stützenfreien und infolgedessen schwebenden Erkerbau, den aufsteigenden, durchgehenden Treppenhausfenstern und den die gesamte Bauweise abschließenden Tafeln der zurücktretenden Geschosse. Schon von weitem sichtbar, beherrscht die Front den gesamten angrenzenden Häuserkomplex und ist ein ausdrucksvolles Zeichen für die Bedeutung des Hauses Schocken.“

Stützenfreie Fassade

Neben den Fakten enthält die Baubeschreibung von Erich Mendelsohn, insbesondere der Abschnitt Allgemeines, auch Hinweise auf seine gestalterischen Intentionen. Besonders bemerkenswert schien ihm die stützenfreie Fassade.

Mithilfe der Kragkonstruktion gelang es ihm die Fassade ohne Unterbrechungen zu gestalten. Das bedeutet, dass die Fensterbänder und die zwischen ihnen liegenden Brüstungsbänder in einem ausladenden Bogen von einem Treppenhaus zum anderen reichen, also über eine Breite von nahezu 57 Metern.

Den Rahmen für die dynamisch gespannte Fläche des Erkers bilden das Sockelgeschoss mit den großformatigen Schaufenstern und den vier Eingängen sowie die beiden vollverglasten Treppenhäuser.

Durch die Anordnung von jeweils 25 schmalen, querrechteckigen Fenstern vor den beiden Treppenhäusern für Kunden erzeugt Mendelsohn die Illusion von ebenso vielen Stockwerken und verstärkt somit die vertikalen Elemente an den Seiten der Hauptfassade.

Das Maß dieser Fenster wird in einem schmalen Fensterband über den großen Schaufenstern des Sockelgeschosses fortgeführt. Darüber beginnt der ausgekragte Erker. Diese Elemente sind um einen Meter hinter die Ebene der Fenster und Brüstungen zurückgesetzt, sodass der Erker zu schweben scheint.

Die oberen Geschosse treten noch weiter zurück: Das siebte und achte Geschoss spannen sich mit kleinerem Radius zwischen die geraden Außenkanten des Gebäudes. Ihre Gesimse sind in einem flachen Winkel zurückgestaffelt.

Der Versatz beträgt beim siebten Geschoss 4,50 Meter von der Hauptfassade, beim achten weitere 3,50 Meter. Auch in der Tiefe des Grundstücks verlieren diese beiden Geschosse an Fläche. Das neunte Geschoss, die überdachte Terrasse, springt nochmals um 3,50 Meter zurück und bildet kaum noch einen Baukörper.

Ein Flachdach, das über den Aufbauten gesetzt wurde, schließt das Gebäude nach oben ab. Unter sich trägt es eine mit Stützen versehene, verglaste Wandscheibe ohne Funktion.

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken, 1927-1930. Architekt: Erich Mendelsohn. Foto: Daniela Christmann

Kaufhaus Schocken

Nach seiner Eröffnung am 15. Mai 1930 wurde das Gebäude über siebzig Jahre lang als Kaufhaus genutzt: von 1930 bis 1938 als Kaufhaus Schocken, von 1939 bis 1945 als Merkur-Verkaufsstätte, anschließend als HOWA- und Centrum-Warenhaus und von 1990 bis 2001 als Kaufhof.

1939

Nach der sogenannten „Arisierung“ im Jahr 1938 wurden die ehemaligen Schocken-Kaufhäuser ab Januar 1939 als Merkur-Aktiengesellschaft weitergeführt. Die Hauptverwaltung blieb in Zwickau und die Warenhäuser sowie einige firmeneigene Produktionsbetriebe wurden weiterbetrieben. Auch die von Schocken betriebene Strumpffabrik in Chemnitz produzierte weiterhin für den Verkauf.

Wesentliche Geschäftsgrundsätze und einige der sozialen Leistungen, die auf die Brüder Simon und Salman Schocken zurückgingen, hielten sich bis 1945.

Nach 1945

Nach der Kapitulation Deutschlands im Mai 1945 wurde der Betrieb des Chemnitzer Warenhauses wieder aufgenommen.

Am 30. Juni 1946 erfolgte die Enteignung aller Schocken-Niederlassungen in Sachsen im Rahmen eines Volksentscheids.

Die in den Westzonen gelegenen Kaufhäuser wurden zwar bis 1949 an Schocken rückübertragen, aber es war nicht mehr möglich, eine mit der Vorkriegszeit vergleichbare Unternehmensgröße zu erreichen. Im Jahr 1953 verkaufte Salman Schocken seine Anteile an den Kaufhauskonzern Horten.

Die Chemnitzer Filiale war im Krieg nur geringfügig beschädigt worden. Dadurch war es möglich, zumindest das Erdgeschoss des Gebäudes wieder für Handelszwecke zu nutzen.

1947 richtete die Volkssolidarität Chemnitz im ersten Obergeschoss des Warenhauses eine Tauschzentrale ein, die dabei helfen sollte, die zeitbedingte Warenknappheit zu überbrücken.

Eine weitere Namensänderung in der Geschichte des Warenhauses erfolgte 1948 mit der Übernahme des Gebäudes durch die Handelsorganisation. Die ehemaligen Kaufhäuser Schocken und Tietz wurden zu HO-Warenhäusern und trugen später beide den Namen CENTRUM-Warenhaus.

Von 1990 bis 2001 befand sich im ehemaligen Schocken-Warenhaus eine Filiale von Kaufhof.

Sanierung und Umnutzung

Nach der umfassenden Sanierung von 2010 bis 2014 ist das Gebäude Sitz des Staatlichen Museums für Archäologie Chemnitz. Die Fassade erhielt eine denkmalgerechte Wiederherstellung und der Grundriss ist durch eingezogene Wände erlebbar geworden.

Durch drei Deckendurchbrüche sind die Etagen der archäologischen Dauerausstellung miteinander verbunden.

Neben der archäologischen Dauerausstellung befassen sich weitere Ausstellungsbereiche mit dem Leben und Wirken des Architekten Erich Mendelsohn sowie mit dem Schocken-Warenhauskonzern und dem Unternehmer Salman Schocken.

 

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert