Darmstadt: Hochzeitsturm

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann
Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

1905 – 1908

Architekt: Joseph Maria Olbrich

Olbrichweg 13, Darmstadt

Joseph Maria Olbrich gestaltete den 1908 fertiggestellten Hochzeitsturm mit seiner Haube, die an eine ausgestreckte Hand erinnert, im Auftrag der Stadt Darmstadt zur Erinnerung an die Vermählung des Großherzogs Ernst Ludwig mit Prinzessin Eleonore zu Solms-Hohensolms-Lich am 2. Februar 1905.

Mathildenhöhe

Mit einer Höhe von 48, 5 Metern Höhe überragt er die Künstlerkolonie Mathildenhöhe in Darmstadt, deren Ensemble seit Juli 2021als UNESCO-Welterbe anerkannt ist.

Der Turm wird stilistisch dem Jugendstil zugeordnet und gehört zum Komplex des Wasserreservoirs, der Ausstellungshalle und den Gemeinschaftsateliers der Darmstädter Künstlerkolonie.

Die über Eck geführten Fensterbänder des Turms, seine Materialbetontheit und die eigenwillige Formgebung scheinen bereits die Entwicklung der Architektur in den kommenden Jahren zu antizipieren.

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Ausstellungsraum

Das in lichtem Grau verputzte Gebäude wurde ursprünglich als Raum für Kunst eröffnet, in dem die Mitglieder der Künstlerkolonie ihre Arbeiten ausstellen konnten.

Die asymmetrisch gegliederte und nach Westen ausgerichtete Baugruppe steht auf den Gewölben eines geschlossenen, ursprünglich nur mit Erde abgedeckten Wasserreservoirs aus dem Jahr 1880 für die Wasserversorgung Darmstadts.

Turm und Relief

Der gemauerte Turmkörper aus Torfbrandklinkern erhebt sich über einem verputzten Sockel mit Eingangsportal. 

Über dem Eingang befindet sich eine Sandsteinplatte mit vier Figuren, welche die Herrschertugenden Stärke, Weisheit, Gerechtigkeit und Milde personifizieren. Unter den Figuren sind die Wappen der Adelshäuser des Brautpaars dargestellt.

Das Relief nach einem Entwurf von Heinrich Jobst trägt eine Inschrift: Zum Gedächtnis der Vermählung des Großherzogs Ernst Ludwig und der Großherzogin Eleonore errichtet von der Stadt Darmstadt anno 1907-1908.

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Sonnenuhr

Die Südseite schmückt eine Sonnenuhr (1914) von Friedrich Wilhelm Kleukens, die Nordseite eine Turmuhr (1914) von Albin Müller. 

Die Sonnenuhr auf der Südseite wurde von den Vereinigten Werkstätten für Mosaik und Glasmalerei Puhl & Wagner von Gottfried Heinersdorff in Berlin-Neukölln ausgeführt.

Sie wird von den 12 Tierkreiszeichen auf blauem Grund umrahmt. Darunter sind links und rechts des Sprossenfensters die erste und die letzte Strophe eines Gedichts von Rudolf G. Binding zu lesen:

Der Tag geht über mein Gesicht, die Nacht sie tastet leis vorbei. Und Tag und Nacht ein Gleichgewicht und Nacht und Tag ein Einerlei. Und ewig kreist die Schattenschrift.
Leblang stehst du im dunklen Spiel bis dich des Spieles Deutung trifft. Die Zeit ist um – du bist am Ziel.

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Turmuhr

An der Nordseite, in Höhe der 6. Etage, wurde 1914 eine in Blattgold gehaltene, mechanische Turmuhr eingefügt.

Nach einem Entwurf Albin Müllers fassen seitlich zwei goldene Fackeln und unten drei ornamentale Rundbögen, die ein Kreuz, ein flammendes Herz und einen Anker, die Symbole für Glaube, Liebe und Hoffnung umschließen, das Zifferblatt auf quadratischem Feld ein.

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Eingangshalle

In der Eingangshalle befinden sich zwei Wandmosaike von Friedrich Wilhelm Kleukens mit den Titeln Der Kuss und Fortuna. 

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Zimmer des Großherzogs

Von einem Tonnengewölbe überspannt ist das rund sieben Meter hohe Zimmer des Großherzogs im fünften Stockwerk des Turms. 

Fritz Hegenbart malte es mit tiefblauen Grund und einem Ornament aus Eidechsen und Schneckenhäusern aus. 

Auf der Stirnseite befindet sich die Darstellung einer jungen Frau auf einem Fabeltier, die die vorwärtseilende Neuzeit verkörpert. 

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Zimmer der Großherzogin

Das fast fünf Meter hohe Zimmer der Großherzogin im fünften Stockwerk hat eine kassettierte und vergoldete Stuckdecke. Über der umlaufenden Vertäfelung malte der Darmstädter Künstler Philipp Otto Schäfer einen breiten Wandfries mit der Darstellung eines Hochzeitsfestes.

Auf drei Wänden ist der Hochzeitszug und an der Stirnwand im Norden das Brautpaar unter einem Baldachin dargestellt.

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Hochzeitsturm, 1905-1908. Architekt: Joseph Maria Olbrich. Foto: Daniela Christmann

Turmhaube

Den Abschluss des Turms bilden fünf gleichbreite Zinnen von dreierlei Höhe in symmetrischer, keilförmiger Staffelung. Dachflächen und Seitenflächen sind mit Kupferblech verkleidet.

Die Breitseite des rechteckigen Turms geht in die fünfgliedrige Fassade des Giebels über. Bänder dunkelroter Ziegel gliedern die Stirnseiten der fünf Finger, welche zu Rundbögen aufsteigen.

Die Ziegelsteine sind mit ihrer Schmalseite als Sichtseite vermauert und mehrmals in einfachen Streifen nach innen zurückgesetzt.

 

Aussichtsplattform

Auf einer Höhe von etwa 33,5 m befindet sich die Aussichtsplattform.

Der Raum ist über das Treppenhaus mit 195 Stufen in 13 Wendelungen zu erreichen. Die Schmalseiten im Norden und Süden haben je drei Sprossenfenster. Die Fenster auf der Ost- und Westseite sind in Türen angebracht, die zu kleinen vorgebauten Balkonen führen.

Renovierung und Restaurierung

Bei dem katastrophalen Bombenangriff am 11. September 1944 auf Darmstadt, bei dem mehr als die Hälfte der Stadt zerstört wurde, erlitt auch der Hochzeitsturm starke Beschädigungen und brannte aus.

Jahrelang konnte Regenwasser in das Turminnere eindringen und verursachte erhebliche Schäden.

Erst Anfang der 1950er Jahre wurde die Stahlkonstruktion an der Turmkrone sowie das Kupferblech der Finger erneuert.

Die Räume des Hochzeitsturm wurden zwischen 1980 und 2002 sukzessive renoviert. 2010 bis 2012 erfolgte die Renovierung der Fassade.

2021 wurde die historische WC-Anlage am Vorplatz auf der Westseite des Hochzeitsturms, die 1908 gleichzeitig mit den Ausstellungsgebäuden fertiggestellt worden war, denkmalgerecht saniert.

Heutige Nutzung

Heute dient der Turm als Aussichtsturm und Außenstelle des Darmstädter Standesamtes.

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