Darmstadt: Haus Behrens

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens. Foto: Daniela ChristmannHaus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens. Foto: Daniela Christmann

1900 – 1901

Architekt: Peter Behrens

Alexandraweg 19, Darmstadt 

Für die erste Ausstellung der Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe 1901 entwarf Peter Behrens sein eigenes Wohnhaus und die Inneneinrichtung.

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens. Foto: Daniela Christmann

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens. Foto: Daniela Christmann

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens. Foto: Daniela Christmann

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens. Foto: Daniela Christmann

Peter Behrens

Peter Behrens war Künstler und Werbegrafiker, Schriftgestalter, Produkt- und Möbeldesigner und schließlich Architekt. Einen Namen machte er sich mit Industriebauten wie der Turbinenhalle für die AEG in Berlin.

1905 richtete er im Auftrag des Düsseldorfer Ministeriums für Handel und Gewerbe „Schreibkurse für Gewerbelehrer“ ein. Diese wurden von der Mönchengladbacher Kalligraphin und Typographin Anna Simons geleitet.

Im Rahmen dieser Tätigkeit entwarf Behrens 1908 den Schriftzug ‚Dem deutschen Volke‘ für das Berliner Reichstagsgebäude.

Bekannt wurde er als Mitbegründer des Deutschen Werkbundes und durch seine gestalterische Tätigkeit für die AEG vor dem Ersten Weltkrieg. Als Industriedesigner erfand er das Corporate Design, indem er bei der AEG vom Briefkopf über die hergestellten Produkte wie elektrische Teekessel bis hin zu den Fabrikgebäuden alles einheitlich gestaltete.

Besondere Bedeutung erlangte das von ihm geleitete Architekturbüro, in dem unter anderem Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe und Le Corbusier fast zeitgleich arbeiteten.

Als Schriftgestalter war er für die Schriftgießerei der Gebrüder Klingspor tätig. Dort entwarf er eine Reihe von Satzschriften, darunter 1907 die Behrens Antiqua.

Künstlerkolonie Mathildenhöhe

1899 erhielt Behrens einen Ruf an die Darmstädter Künstlerkolonie Mathildenhöhe.

Die Initiative zu einer solchen Künstlerkolonie ging auf den hessischen Großherzog Ernst Ludwig zurück, der junge Künstler verschiedener Sparten nach Darmstadt berief. Als sich die Künstlerkolonie 1901 mit der Ausstellung „Ein Dokument deutscher Kunst“ der Öffentlichkeit vorstellte, überzeugte vor allem das Haus Behrens, das er von der Fassade bis zum Besteck selbst entworfen hatte.

Allerdings stießen sich einige Fachleute an der Tatsache, dass Behrens in der Architektur ein reiner Autodidakt war.

Zur Überraschung der Kritiker löste er jedoch seine erste Bau- und Raumgestaltungsaufgabe auf hohem Niveau und bewies, dass er trotz des Spottes reaktionärer Akademiker über die sogenannten ‚Malerarchitekten‘ in der Lage war, auf allen Gebieten der Innen- und Außenarchitektur umfassend zu arbeiten.

Im wilhelminischen Deutschland nach 1900 gab es eine ganze Reihe von ‚Malerarchitekten‘, ausgebildete Künstler, die als Gestalter und Architekten Autodidakten waren, darunter Bruno Paul, Richard Riemerschmid, vor allem aber Henry van de Velde und Peter Behrens.

Sie wagten sich über das kunstgewerbliche Gestalten ans Bauen heran und schufen auf jeweils eigene Art eine Sprache der Moderne, die sie in dem Bestreben einte, das Formengeflecht des Historismus zu überwinden.

Haus Behrens

Die dreigeschossige Villa auf annähernd quadratischem Grundriss auf der Darmstädter Mathildenhöhe hatte keineswegs den Charakter eines Erstlingswerks.

Die ursprünglich hellgrau verputzte Fassade wird durch geschossübergreifende Bänder aus grün glasierten Verblendern und blauroten Eisenklinkern akzentuiert.

Die hellen Putzflächen und die hohen geschweiften Giebel im Norden und Westen verstärken die eigenständige Wirkung der Baukeramik.

Das Eingangsportal mit getreppter Klinkerrahmung liegt zur Straße hin. Die Ornamentik mit stilisierten Adlerflügeln nimmt Bezug auf die Philosophie Friedrich Nietzsches.

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens. Foto: Daniela Christmann

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens. Foto: Daniela Christmann

Über dem Fenstersturz im Westen unterstreicht die Inschrift ‚Steh‘ fest mein Haus im Weltgebraus‘ den Charakter der Künstlervilla.

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens. Foto: Daniela Christmann

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens. Foto: Daniela Christmann

Die Straßenansicht lässt die Raumaufteilung von außen erkennen: Hinter dem Eingangsportal befinden sich Eingang und Diele, links davon das Musikzimmer, dahinter der Speisesaal und rechts das Damenzimmer.

Über dem Eingang im ersten Stock befindet sich die Bibliothek, links davon ein hohes, helles Atelier für den Hausherrn und dahinter Schlafzimmer, Bad und WC.

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens. Foto: Daniela Christmann

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens. Foto: Daniela Christmann

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens. Grundriss Erdgeschoss

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens. Grundriss Erdgeschoss

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens. Grundriss Erstes Obergeschoss

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens. Grundriss Erstes Obergeschoss

Innenräume

Vom Esszimmer aus gelangte man auf eine Terrasse, von der aus eine Treppe in das nach Süden abfallende Gelände führte. Im Anschluss an das Haus plante Behrens den Garten als Erweiterung seiner Architektur.

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens

Räume zur gemeinsamen Nutzung wie Bibliothek und Arbeitszimmer oder Speise- und Musikzimmer sind nebeneinander angeordnet. Besonderer Wert wurde auf Rückzugsräume im Haus gelegt.

Die Innenräume wurden von Peter Behrens bis ins Detail geplant. Für jeden Raum wählte Behrens eine bestimmte geometrische Grundform, aus der er die entsprechenden Dekormotive entwickelte.

Besonders eindrucksvoll gestaltete er das Musikzimmer mit dunkel gebeizten Möbeln und einer effektvollen, fast sakralen  Inszenierung.

Im Gegensatz dazu war der angrenzende Speisesaal hell und freundlich gestaltet. Ein Teil dieser Raumgestaltung ist heute im Museum Künstlerkolonie zu sehen.

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens

Haus Behrens, 1900-1901. Architekt: Peter Behrens

 

Ein Dokument deutscher Kunst 1901

Bei der Eröffnung der Ausstellung ‚Ein Dokument deutscher Kunst‘ im Jahr 1901, bei der Behrens sein Haus präsentierte, war der Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe anwesend, der in Paris die Galerie La Maison Moderne leitete. In seinen Augen ist allein das Behrens’sche Haus vollkommen und lässt ihm die weite Reise lohnenswert erscheinen.

Nach der Ausstellung kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Künstlern und der Stadtverwaltung. Enttäuscht kehrt Behrens Darmstadt 1902 den Rücken und übernimmt die Leitung der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule.

Die Villa selbst bewohnte Behrens nie, sondern verkaufte sie kurz nach ihrer Fertigstellung.

UNESCO-Welterbe

Die Darmstädter Künstlerkolonie ist ein Vorläufer all jener Musterhaus-Ausstellungen, die der Werkbund in den 1920er Jahren veranstaltete und die dazu beitrugen, die Moderne zu formen und zu visualisieren.

Die Mathildenhöhe war nicht nur ein einmaliges Ereignis der Zusammenführung künstlerischer Reformideen und Reformbestrebungen, sie war auch ganz konkret eine Architekturausstellung,
die sich – wiederholt – relevanten, aktuellen Aufgaben der Architektur widmete.

Im Mittelpunkt stand die Gestaltung der Wohnhäuser, zunächst des Künstlerhauses, 1904 des Bürgerhauses, 1908 des Arbeiterhauses und 1914 des Mietshauses.

Die Umbruchsituation der damaligen Zeit war geprägt von den Aufgaben und Themen der Architektur, die es galt, an eine neue Realität anzupassen.

Haus Behrens wurde 1944 beschädigt und brannte aus, die Außenmauern mit den Klinkerlisenen und der grünen Baukeramik blieben jedoch erhalten.

Heute gehört das Haus Behrens als Teil der Mathildenhöhe Darmstadt zum UNESCO-Welterbe.

 

 

 

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