Frankfurt am Main: Ernst-May-Haus

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

1927 – 1928

Architekt: Ernst May

Im Burgfeld 136, Siedlung Römerstadt, Frankfurt am Main

Das Ernst-May-Haus ist ein Musterhaus in der Siedlung Römerstadt in Frankfurt am Main, das 1927 bis 1928 nach Plänen von Ernst May errichtet wurde. Seit Sommer 2010 ist es nach aufwendiger Sanierung und Restaurierung der Öffentlichkeit zugänglich.

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

Architekt und Stadtplaner Ernst May

Der Architekt und Stadtplaner Ernst Georg May wurde 1886 in Frankfurt am Main geboren. Nach dem Architekturstudium in Darmstadt und München absolvierte er ein Praktikum bei Raymond Unwin in London, wo er sich intensiv mit der Gartenstadtidee von Ebenezer Howard auseinandersetzte.

1912 machte er sich mit Clemens Musch in Frankfurt am Main selbstständig.

Breslau

Seit Februar 1919 Leiter der Bauabteilung des Schlesischen Heims und technischer und künstlerischer Oberleiter der Bauabteilung der Schlesischen Landgesellschaft in Breslau.

Seit 1921 Technischer Direktor der neu gegründeten gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft Schlesische Heimstätte in Breslau.

Frankfurt am Main

Im Frühjahr 1925 bewarb sich May um die auf Initiative von Oberbürgermeister Ludwig Landmann ausgeschriebene Stelle eines besoldeten Stadbaurats für Stadterweiterung-, Hochbau- und Siedlungswesen in Frankfurt, die er im September 1925 antrat.

Als oberster Baubeamter der Stadt war May für alle kommunalen Bauaufgaben verantwortlich; er leitete das Hochbauamt (mit den Abteilungen Typisierung und Bauberatung) und das Siedlungsamt (mit den Abteilungen Stadt- und Regionalplanung), war für das Garten- und Friedhofswesen, die Liegenschaftsverwaltung und die Baupolizei zuständig und konnte als Mitglied der städtischen Personalkommission geeignete Mitarbeiter benennen.

Neues Frankfurt

In seiner nur fünfjährigen Amtszeit bis 1930 schuf May das Neue Frankfurt. Auf der Grundlage eines vom Magistrat 1925 beschlossenen Wohnungsbauprogramms für zehn Jahre entwickelte er einen Generalbebauungsplan (1926), der nach englischem Vorbild die neuen Siedlungen als weitgehend selbständige Trabanten im grünen Umland vorsah.

Von 1926 bis 1930 planten und bauten May und seine Mitarbeiter (darunter die Architekten und Stadtplaner Eugen Blanck, Herbert Boehm, Max Cetto, Martin Elsaesser, Werner Hebebrand, Ferdinand Kramer, Franz Röckle, Carl-Hermann Rudloff, Gottlob Schaupp, Wilhelm Schütte, Margarete Schütte-Lihotzky, Walter Schwagenscheidt, Mart Stam und Franz Thyriot, die Landschaftsarchitekten Max Bromme und Leberecht Migge sowie der Kirchenbaumeister Martin Weber) mehr als 20 Siedlungen mit insgesamt rund 15.000 Wohnungen.

Die zügige Umsetzung des meist unter Federführung von May selbst erarbeiteten Gesamtplans für jede dieser Großsiedlungen wurde durch eine weitgehende Typisierung und Rationalisierung der Bauweise erreicht.

Ernst-May-Haus

Das Ernst-May-Haus in der Siedlung Römerstadt ist ein originalgetreu eingerichtetes Musterhaus, das die Ernst-May-Gesellschaft 2005 erworben hat. Es wurde bis 2009 denkmalgerecht restauriert und steht seitdem zur Besichtigung offen.

Grundriss und Konzept

Ernst May konzipierte das Haus als voll unterkellertes Wohnhaus mit fünf Zimmern und Garten für die damalige Kleinfamilie.

Das zweigeschossige Reihenhaus ist ein konventioneller, verputzter Mauerwerksbau mit einschaligem Flachdach in Holzkonstruktion. Die Kellerdecke ist eine Kappendecke, das Erdgeschoss hat eine Holzbalkendecke.

Im Erdgeschoss befinden sich die Wohnräume der Familie, bestehend aus einem Esszimmer neben der nur 8 m² großen Küche und einem kleineren Wohnraum.

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

Im Obergeschoss befinden sich ein Elternschlafzimmer mit direkter Verbindung zum Tageslichtbad, ein angrenzendes Kinderzimmer und eine Schlafkammer.

Die Räume sind durch Türen miteinander verbunden. Terrasse und Garten sind sowohl vom Esszimmer als auch vom Keller aus zugänglich.

Bauzustand vor der Restaurierung

Das Haus hatte Einfachverglasung in Holzrahmen, Zimmertüren aus Sperrholz und eine Haustür mit Beschlägen aus Metallblech.

Bei der Restaurierung stellte sich heraus, dass die Farbgestaltung der Innenräume sehr vielfältig war: Die Fensterrahmen waren blau gestrichen, die Türen hatten graue Zargen, das Treppenhaus war gelb gestrichen, die Kellertür war orangerot.

Die Räume im Erdgeschoss waren mit schlichten Bauhaustapeten ausgestattet, Schlaf- und Kinderzimmer sowie die Mädchenkammer nur verputzt und einfarbig gestrichen.

Die Wände von Bad und Küche waren hellgelb gefliest. Der Bodenbelag in den Wohnräumen bestand aus rötlich-braunem Linoleum. Im Eingangsbereich, im Bad und in der Küche waren sandfarbene, quadratische Solnhofer Schieferplatten verlegt.

Innenaustattung

Die von den Architekten Franz Schuster und Ferdinand Kramer entworfenen Möbel und Einbauten waren schlicht, sachlich und den Raumverhältnissen angepasst.

Die Römerstadt war die erste voll elektrifizierte Siedlung in Deutschland und entsprechend innovativ war auch die Haustechnik des Ernst-May-Hauses. Insbesondere die kohlebefeuerte Zentralheizung im Keller, ein Drehstromanschluss für Beleuchtung, Herd und Warmwasserbereitung für Bad und Küche sowie ein Radioanschluss galten als fortschrittlich.

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

Frankfurter Küche

Nur sechseinhalb Quadratmeter waren die Mindestmaße der flurartigen Standardküche, die die Wiener Architektin Margarete Schütte-Lihotzky 1926 entwarf.

Die Frankfurter Küche entstand im Rahmen des Bauprogramms Das Neue Frankfurt. Zwischen 1926 und 1930 wurden zehntausend dieser Einbauküchen in Serie produziert.

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

Die Küche wurde aus den Prinzipien und der Struktur einer Mitropa-Speisewagenküche zu einer reinen Arbeitsküche entwickelt. Schütte-Lihotzky analysierte die Arbeitsabläufe in der Küche mit Hilfe der Stoppuhr und der Aufzeichnung der Handgriffe und Arbeitsschritte einer Hausfrau.

Typisierung und Normierung waren die Grundlage für die Produktion dieses revolutionären Küchentyps. Ebenso wie die Arbeitswege verkürzt wurden, sollte die serielle Massenproduktion von Einzelelementen wie Vorratsschränken, Glasschiebetüren oder Metallgriffen die Kosten minimieren.

Küchenausstattung

Die hölzernen Unterschränke wurden auf verkleidete Betonsockel gestellt, damit sich unter ihnen kein Schmutz ansammeln konnte und der Boden leicht zu reinigen war.

Um den vorhandenen Raum optimal zu nutzen, wurden die Schränke bis unter die Decke gebaut. Ein Bügelbrett ließ sich zum Arbeiten von der Wand herunterklappen, Kochtöpfe mit Deckel standen zur Trocknung in einem belüfteten Schrank.

Die Ästhetik der Frankfurter Küche war ganz dem internationalen Neuen Bauen verpflichtet. Beschriftete Aluminiumschubladen, Glasschiebetüren im Oberschrank, eine Metallspüle und Metallgriffe an den Schränken kontrastierten mit den stark farbigen Holzelementen.

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

Die Haushalte zu modernisieren hieß auch, sie zu elektrifizieren. Als erste voll elektrifizierte Siedlung Deutschlands verfügte die Römerstadt neben Warmwasser aus dem Boiler auch über die ersten Elektroherde. Kleinere Elektrogeräte wie Wasserkocher konnten angeschlossen werden.

Der Kühlschrank bestand noch aus einem Küchenschrank, der von außen belüftet wurde.

Gartengestaltung

Der 1928 nach Plänen des Gartenarchitekten Leberecht Migge angelegte Garten wurde 2007 bis 2008 rekonstruiert.

Er vereint auf engstem Raum vielfältige Nutzungen. Die Terrasse diente als Erweiterung des Wohnraums. Beschattet wurde sie von Weinreben, die an Drähten hochgezogen wurden und so einen doppelten Nutzen boten:

Im Frühjahr treiben sie aus und beschatten Terrasse und Wohnraum, so dass die Innentemperatur trotz der großen Fensterfläche auf einem angenehmen Niveau gehalten werden kann. Im Herbst fällt das Laub ab, so dass wieder mehr Licht in den Wohnraum fällt und diesen erwärmt.

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

Gartenelemente

An die Terrasse schließt sich ein Staudenbeet mit Schnittblumen, saisonaler Bepflanzung und einem Zierstrauch an. Dieses Beet diente der optischen Verschönerung und der Möglichkeit, Sträuße für die Dekoration der Innenräume zusammenzustellen.

Die dahinter liegende Rasenfläche diente der Erholung sowie dem Aufhängen und Bleichen der Wäsche.

Daran schließt sich der Nutzgarten mit vier Gemüsebeeten, einem Obstbaum und einem Erdbeerhang an. Diesem Gartenteil kommt im Konzept von Leberecht Migges eine besondere Bedeutung zu, da er die Selbstversorgung der Bewohner sicherstellt.

An der Längsseite des Grundstücks befindet sich ein weiteres Beet, das durch einen Kiesweg räumlich vom übrigen Garten getrennt ist und in dem Beerensträucher (Johannisbeeren und Stachelbeeren) mit einer Staudenunterpflanzung stehen.

An der Längsseite des Grundstücks befindet sich ein weiteres Beet, das durch einen Kiesweg räumlich vom übrigen Garten getrennt ist und in dem Beerensträucher (Johannisbeeren und Stachelbeeren) mit einer Staudenunterpflanzung stehen.

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

May-Haus, 1927-1928. Architekt: Ernst May. Foto: Daniela Christmann

Betonmauer und Ligusterhecke

Abgegrenzt wird der Garten durch eine Betonmauer und eine Ligusterhecke, die nach Migges Vorgaben nur 0,80 m hoch sein sollte. Die Idee dahinter: Der Blick soll in die Ferne schweifen können und so ein Gefühl von Größe und Weite vermitteln. Zudem ermöglicht die geringe Höhe eine ungehinderte Kommunikation mit den Nachbarn.

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