1929 – 1930
Architekt: Carl Fieger
Kornhausstraße 146, Dessau-Roßlau
Das denkmalgeschützte Ausflugslokal Kornhaus wurde 1929 bis 1930 nach Plänen von Carl Fieger in Dessau-Roßlau am Ufer der Elbe errichtet.
Architekt Carl Fieger
Fieger hatte 1911 sein Studium an der Kunstgewerbeschule Mainz abgeschlossen und war anschließend bis März 1913 im Atelier von Peter Behrens in Neubabelsberg (Potsdam) tätig.
Zwischen Mai 1913 und Juli 1914 war Fieger im Büro Walter Gropius tätig, das dieser gemeinsam mit Adolf Meyer im Frühjahr 1910 in Berlin gegründet hatte
Nach seiner Teilnahme als Soldat am Ersten Weltkrieg und einer erneuten Tätigkeit von März bis Oktober 1919 im Büro Behrens war Fieger ab Mai 1920 bis 1933 als Entwurfszeichner für das private Baubüro Walter Gropius in Weimar, Dessau und Berlin tätig.
1925 war er Gropius an das Bauhaus Dessau gefolgt und leitete dort Kurse in Fachzeichnen und Entwerfen für Studenten.
Als Architekt war Fieger maßgeblich an vielen ikonischen Bauten der Moderne beteiligt: den Erweiterungsbauten des Fagus-Werks in Alfeld ebenso wie dem Bauhausgebäude und den Meisterhäusern in Dessau, dem Arbeitsamt Dessau und der Siedlung Dessau-Törten.
Vorgeschichte
Die Stadt Dessau beauftragte 1929 gemeinsam mit der Schultheiss-Patzenhofer Brauerei die Errichtung der Ausflugsgaststätte Kornhaus.
Unter den in Dessau ansässigen oder in Dessau geborenen selbständigen Architekten war ein Wettbewerb ausgelobt worden.
Das Gebäude sollte auf dem Elbdeich, ganz in der Nähe der Dampferanlegestelle errichtet werden.
Der Name Kornhaus erinnert an einen historischen Getreidespeicher, der hier bis in die 1870er-Jahre gestanden hatte.
Obwohl Carl Fieger den ausgeschriebenen Wettbewerb nicht gewonnen hatten entschied man sich, wahrscheinlich aus wirtschaftlichen Gründen, für die Annahme und Ausführung seines Entwurfes.
Konstruktion
Der einschließlich des Außengeländes für insgesamt 2000 Gäste konzipierte Bau mit Flachdach ist als Stahlbetonskelett mit Ziegelausfachung errichtet.
Das weiß verputzte, direkt am Ufer der Elbe gelegene Gebäude besteht aus einem Rundbau mit verglaster halbzylindrischen Terrasse und einem länglichen Kubus.
Ein Klinkersockel und blau gestrichene Fensterrahmen schufen farbliche Kontraste.
Der Rundbau scheint durch die über eine Stütze hinauskragende verglaste Terrasse zu schweben.
Im Obergeschoss befanden sich ein Tanzsaal und der Restaurantbereich, von dem aus man auf die Elbterrassen gelangte.
Der halbrunde Vorbau im Westen war ursprünglich als offener Balkon geplant, wurde aber schon während der Bauausführung verglast.
Im Untergeschoss befand sich eine Stehbierhalle mit separatem Eingang.
Innenausstattung
Die Lampen im Kornhaus sind nach Entwürfen von Marianne Brandt gefertigt.
Zwei Schriftreklametafeln, eine senkrecht links neben dem Eingang zur Straße und eine waagrecht auf dem Dach zur Flussseite hin, machten auf das Ausflugslokal aufmerksam.
Carl Fieger entwarf den Großteil der Innenausstattung. Lediglich die Bestuhlung erfolgte mit seriell hergestellten Bugholzstühlen von Thonet.
Mit der Farbgestaltung der Innenräume war die Werkstatt für Wandmalerei am Bauhaus betraut.
Am 6. Juni 1930 fand die Eröffnung des Kornhauses statt. Es entwickelte schnell zu einem beliebten Ausflugslokal.
Nachkriegszeit und Sanierung
Die schweren Bombenangriffe auf Dessau im Zweiten Weltkrieg überstand das Gebäude unbeschädigt.
1940 bis 1945 war ein Kriegslazarett in den Räumen des Kornhauses untergebracht.
Seit Anfang der fünfziger Jahre befand sich hier wieder ein Ausflugslokal unter der Leitung der HO (Staatliche Handelsorganisation der DDR).
1959 erfolgten erste Sanierungsmaßnahmen, 1976 wurde die ursprüngliche Farbgestaltung rekonstruiert.
1994 bis 1996 wurde das Gebäude denkmalgerecht saniert.
Nach erneuter Sanierung wurde das Kornhaus im Oktober 2012 als Ausflugslokal neu eröffnet.