Bad Urach: Haus auf der Alb

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Foto: Daniela Christmann

1929 – 1930

Architekt: Adolf Gustav Schneck

Hanner Steige 1, Bad Urach

Das Haus auf der Alb in Bad Urach am nördlichen Rand der Schwäbischen Alb wurde 1929 bis 1930 als Kaufmannserholungsheim im Stil der Klassischen Moderne nach Plänen des Architekten Adolf Schneck errichtet.

Nach wechselhafter Nutzungsgeschichte steht es seit 1983 unter Denkmalschutz und wird seit 1992 als Tagungsstätte der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg genutzt.

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Foto: Daniela Christmann

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Foto: Daniela Christmann

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Zeitgenössische Aufnahme

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Zeitgenössische Aufnahme

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Zeitgenössische Aufnahme

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Zeitgenössische Aufnahme

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Zeitgenössische Aufnahme

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Zeitgenössische Aufnahme

Gustav Adolf Schneck

Als Sohn eines Möbelbauers geboren, absolvierte Schneck 1897 eine dreijährige Sattler- und Tapeziererlehre im elterlichen Betrieb in Esslingen am Neckar. Anschließend begann er seine Gesellenzeit mit einer Wanderzeit und dem Besuch der Gewerbeschule in Basel.

Nach seiner Rückkehr nach Esslingen übernahm er 1907 den elterlichen Betrieb und begann gleichzeitig ein Studium an der Kunstgewerbeschule Stuttgart, unter anderem bei Bernhard Pankok.

1912 wechselte er zum Architekturstudium an die Technische Hochschule Stuttgart, das er 1918 mit einer Arbeit über den Stuttgarter Hauptbahnhof bei Paul Bonatz abschloss.

Das Studium ermöglichte ihm 1919 die Selbständigkeit als Architekt und Möbeldesigner, zwei Jahre später erhielt er einen Lehrauftrag an der Kunstgewerbeschule Stuttgart.

Dort wurde er 1922 Leiter der Abteilung für Möbelbau und Innenarchitektur und 1923 Professor.

Hellerau

Ein Jahr später kuratierte er die Ausstellung „Die Form [ohne Ornament]“. Für Karl Schmidt-Hellerau entwarf Schneck 1926/1927 das Typenmöbelprogramm „Die billige Wohnung“, das bis in die 1930er Jahre mit großem Erfolg in den Deutschen Werkstätten Hellerau produziert wurde.

Weissenhofsiedlung

Als zweiter Stuttgarter Architekt nach Richard Döcker war Schneck auch an der Weissenhofsiedlung beteiligt. In den Jahren 1926/1927 entwarf und baute Schneck zwei Einfamilienhäuser: Haus 11 in der Friedrich-Ebert-Straße 114, das er selbst bewohnte, und Haus 12 im Bruckmannweg 1.

Außerdem übernahm er die Inneneinrichtung einer Wohnung im Haus des Architekten Ludwig Mies van der Rohe.

Haus auf der Alb

Im Jahr darauf erhielt er einen weiteren Großauftrag, der seinen Bekanntheitsgrad weiter steigern sollte: Er entwarf im Auftrag der Deutsche Gesellschaft für Kaufmannserholungsheime (DGK) das Haus auf der Alb bei Bad Urach.

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck

Deutsche Gesellschaft für Kaufmannserholungsheime

Die Gesellschaft mit Sitz in Wiesbaden ging im Dezember 1910 auf eine Initiative des Wiesbadener Textilindustriellen Joseph Baum zurück.

Zweck des gemeinnützigen Wohlfahrtsunternehmens war es, kaufmännischen und technischen Angestellten aus Handel und Industrie sowie ‚weniger bemittelten‘ selbständigen Gewerbetreibenden ‚alljährlich oder wenigstens in mehrjährigen Unterbrechungen‘ einen Ferienaufenthalt oder eine Badekur ‚gegen ein geringes, den häuslichen Verbrauch nicht wesentlich übersteigendes Entgelt‘ zu ermöglichen.

Dabei sollte der Erholungssuchende in der Wahl seiner Unterkunft nicht eingeschränkt sein und aus den attraktivsten Erholungsgebieten Deutschlands wählen können: vom Hochgebirge bis zur Nord- und Ostsee. Damit sollte den durch Industrialisierung und Verstädterung bedingten sozialen und gesundheitlichen Belastungen der in Handel und Industrie Beschäftigten entgegengewirkt und eine ’nerven-, geistes- und körperbelastende Auszeit vom Berufsleben‘ ermöglicht werden.

Wettbewerb

1929 wurde der Wettbewerb für den Bau des Uracher Kaufmannserholungsheims unter sieben namhaften württembergischen Architekten ausgeschrieben. Das Bauprogramm des Ferienheims für 120 Personen forderte ‚keinen Luxusbau, aber Behaglichkeit und Wohnlichkeit‘ sowie ‚gute Besonnung und Belüftung aller Wohn- und Gesellschaftsräume‘ – alles unter dem Gesichtspunkt ‚größter Sparsamkeit und Einfachheit‘.

Am Entwurf von Adolf Gustav Schneck, der schließlich den Zuschlag erhielt, wurde unter anderem die Gesamtanlage gelobt: ‚Die Baumassen sind mit großer Sicherheit in das Gelände gesetzt, besonders anzuerkennen ist die gute Lage aller Räume nach Südosten und der energisch vorspringende Flügel mit Gesellschaftsräumen und Speisesaal. Im Winkel zwischen dem Wohntrakt und dem Trakt mit den Gesellschafts- und Speiseräumen ergibt sich eine schöne und nutzbare Terrasse nach Osten und Süden‘.

Entwurf

Kennzeichnend für Schnecks Entwurf ist die plastische Gliederung in vier unterschiedliche, klar getrennte Baukörper. An den rund 60 Meter langen, viergeschossigen Zimmertrakt mit 109 Betten schließt sich im stumpfen Winkel ein zweigeschossiger Trakt mit den Wirtschafts- und Personalräumen an.

Über dem Schnittpunkt der beiden Trakte erhebt sich der alles überragende Treppenturm. Auf der Talseite springt der flache, auf Stützen ruhende Flügel der Gemeinschaftsräume mit seiner großen Südterrasse vor.

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Zeitgenössische Aufnahme

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Zeitgenössische Aufnahme

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Foto: Daniela Christmann

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Foto: Daniela Christmann

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Foto: Daniela Christmann

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Foto: Daniela Christmann

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Foto: Daniela Christmann

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Foto: Daniela Christmann

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Foto: Daniela Christmann

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Foto: Daniela Christmann

Innenräume

Schneck hatte von Anfang an die Gleichwertigkeit der Räume im Auge: ‚Alle nach der besten Richtung und Lage der Sonne und dem weiten Tale zu. Die Männer und Frauen der Arbeit sollen sich hier einmal wohl fühlen und die sozialen Unterschiede vergessen können‘.

Über einen Flur an der Nordwestseite des Hauses gelangt man in die einzelnen Schlafräume.

Der Architekt Adolf Schneck kümmerte sich um die Innenausstattung des Hauses: Ein großer Teil der Möbel wurde nach seinen Entwürfen gefertigt.

Die ursprüngliche Raumaufteilung zeugt von Schnecks Sinn für Zweckmäßigkeit. Neben der Tür befanden sich Waschgelegenheit, Spiegel und Schrank, der hellere Teil des Zimmers war dem Bett und einem kleinen Schreibtisch am Fenster vorbehalten.

Heute entsprechen die Zimmer einem modernen Standard mit Dusche und WC, doch die funktionale Aufteilung ist geblieben.

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Zeitgenössische Aufnahme

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Zeitgenössische Aufnahme

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Zeitgenössische Aufnahme

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Zeitgenössische Aufnahme

Von fast jedem Zimmer aus gelangt man ins Freie, die Balkone ziehen sich wie Bänder an der Südostseite des Gästetraktes entlang und geben den Blick frei auf das Panorama der Schwäbischen Alb.

Ein offener Treppenturm ist das Gelenk des Hauses – er verbindet den 4-geschossigen Gästetrakt mit dem Mittelteil.

Sonnenterrasse, Aufenthaltsraum und Speisesaal lagen im ursprünglichen Bau in drei Flügeln nebeneinander. An diesen zentralen Orten spielte sich vor allem das gemeinschaftliche Leben ab.

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Zeitgenössische Aufnahme

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Zeitgenössische Aufnahme

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Zeitgenössische Aufnahme

Haus auf der Alb, 1929-1930. Architekt: Adolf Gustav Schneck. Zeitgenössische Aufnahme

Georg Goldstein

Dr. Georg Goldstein hatte als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Kaufmanns-Erholungsheime die Bauherrenfunktion übernommen und das Konzept des Hauses auf der Alb maßgeblich bestimmt. Im Juni 1933 beschloss der gleichgeschaltete Vorstand, Goldstein zu entlassen, weil er Jude war.

Seit 1912 hatte Georg Goldstein die Gesellschaft geleitet und sie ‚unter Zurückstellung aller persönlichen Bedürfnisse organisiert und durch Neuerwerbungen und Stiftungen auf ein hohes Niveau gebracht‘, wie es in einer Festschrift der DGK heißt.

1933 zwangsweise in den Ruhestand versetzt, engagierte sich Goldstein stark für die zunehmend verfolgte jüdische Gemeinde in Wiesbaden. Er und seine Frau Margarethe konnten ihren Kindern nicht ins Exil nach England folgen; ihre Auswanderungspläne zerschlugen sich.

Unter Aufsicht der Gestapo musste Goldstein an der Beschlagnahmung jüdischen Vermögens mitwirken. Im März 1943 wurde das Ehepaar nach Theresienstadt deportiert, wo Georg Goldstein fünf Monate später ermordet wurde. Seine Frau Margarete wurde im Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Zweiter Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Uracher Kaufmannserholungsheim von der Wehrmacht beschlagnahmt und im Frühjahr 1940 als ‚Kur- und Genesungslazarett‘ eingerichtet. Das Gebäude erhielt einen Tarnanstrich, auf dem Dach wurde ein großes rotes Kreuz aufgemalt.

Erst im August 1945 wurde das Reservelazarett Urach aufgelöst. Inzwischen hatte die französische Besatzungsmacht das Haus auf der Alb beschlagnahmt und ihm kurzfristig eine neue Aufgabe zugewiesen: Zwei Monate lang beherbergte es als ‚Französische Ferienkolonie‘ insgesamt rund 170 französische Kinder.

Umbau

Nach wechselnden Nutzungen wurde das inzwischen denkmalgeschützte Haus von 1989 bis 1992 im Auftrag des Landes Baden-Württemberg saniert und zu einer Tagungsstätte umgebaut.

Beim Umbau wurde der Grundriss der Räume beibehalten, ihre Funktion jedoch teilweise verändert: Aus dem Speisesaal wurden Seminarräume, im ehemaligen Küchentrakt wurde ein neuer Speisesaal eingerichtet.

Unterhalb der Versammlungsräume hatte Schneck einen offenen, aber überdachten Aufenthaltsbereich angelegt, der direkt an das Schwimmbecken grenzte. Es war für lange Zeit das erste Freibad in Urach, eine große Attraktion für ein Ferienheim der damaligen Zeit.

Die Liege- und Gymnastikwiese ist heute einer Bibliothek und verschiedenen Räumen gewichen, die von den Tagungsgästen in ihrer Freizeit genutzt werden.

An das ehemalige Schwimmbad erinnern heute nur noch Steinplatten im Rasen. Es wurde 1990 im Zuge des Umbaus in eine Liegewiese umgestaltet.

 

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