1927 – 1930
Architekten: Ludwig Freitag, Eduard Jüngerich
Schwartzstraße 72, Oberhausen
Das Rathaus Oberhausen wurde 1927 bis 1930 nach Plänen des Leiters der Entwurfsabteilung des städtischen Hochbauamtes Ludwig Freitag und des Technischen Beigeordneten Eduard Jüngerich errichtet.
Vorgängerbau und Wettbewerbe
Das ursprüngliche Rathaus war 1873 bis 1874 an der späteren Schwartzstraße errichtet worden, doch schon nach wenigen Jahrzehnten genügte der dreigeschossige Bau den Anforderungen der schnell wachsenden Stadt nicht mehr.
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts gab es Pläne, ein größeres Rathaus in unmittelbarer Nachbarschaft des alten zu errichten.
Aus einem 1910 ausgeschriebenen Architektenwettbewerb ging der Entwurf von Friedrich Pützer als Sieger hervor. Im Atelier von Pützer hatte Ludwig Freitag an diesem Entwurf mitgearbeitet und war durch dessen Vermittlung an das Hochbauamt der Stadt Oberhausen gekommen.
Pützers Entwurf für das neue Rathaus kam jedoch nicht zur Ausführung. Zunächst verzögerte der Erste Weltkrieg die Realisierung.
Nach dem frühen Tod Pützers im Jahr 1922 verschwanden die Pläne in der Schublade und man begnügte sich zunächst mit einem Anbau an das alte Rathaus, dem sogenannten Notbau.
Neubau 1927
Oberbürgermeister Otto Havenstein und der technische Beigeordnete Eduard Jüngerich hielten an der Idee eines Neubaus fest.
Nachdem Beigeordneter Jüngerich 1927 einen neuen Entwurf für das Rathaus vorgelegt hatte, wurde auch Freitag als Leiter des Hochbauamtes um einen Entwurf angefragt.
Auf der Grundlage dieses Entwurfs, der auf den Voruntersuchungen von Pützner beruhte, wurde Freitag mit der Ausführung beauftragt und gebeten, die Anregungen aus dem Beitrag von Jüngerich wenn möglich zu berücksichtigen.
Bauarbeiten und Fertigstellung
Die Bauarbeiten wurden diesmal zügig in Angriff genommen. Am 15. Oktober 1928 konnte Richtfest gefeiert werden. Das im März 1930 fertiggestellte Gebäude wurde am 20. Mai 1930 im Rahmen einer festlichen Sondersitzung des Stadtrates eingeweiht.
Bei dieser Gelegenheit wurde auch Wilhelm Heuser, der erste Oberbürgermeister von Groß-Oberhausen, das im Jahr zuvor durch den Zusammenschluss der Städte Sterkrade und Osterfeld entstanden war, in sein Amt eingeführt.
Das Rathaus steht auf einem Hügel, der im Volksmund Galgenberg genannt wird, weil dort früher das Hochgericht abgehalten wurde und ein Galgen stand.
Die etwa 100 Meter breite, nach Westen ausgerichtete Hauptfassade zeigt auf den darunter liegenden Grillopark, mit dem das Rathaus über Terrassen und Freitreppen verbunden ist.
Baukörper und Fassade
Als 1930 mit dem Bau des Rathauses begonnen wurde, wurden alle gestalterischen Elemente des letzten Jahrzehnts noch einmal aufgegriffen.
Die Baukörper sind auf einfache stereometrische Kuben reduziert, in den angebrachten Dekorationselementen wird der repräsentative Anspruch deutlich: Die bandförmige Fensterreihung mit horizontalen Muschelkalkbändern betont die horizontale Schichtung der Geschosse und rahmt die figürlichen Motive des Ziegeldekors im Brüstungsbereich.
Die Attikazone wird durch Muschelkalkgitter mit dreieckigem Maßwerk aufgelöst. Filigrane Pfeilervorlagen betonen symbolhaft den Sitzungsbereich.
Aus der 103 Meter langen Fassade ragt der Mittelblock mit dem Uhrturm und den Fenstern des Sitzungssaals heraus. Durch die Reduktion der einzelnen Baukörper auf einfache Kuben erinnert die Raumwirkung an die Gutehoffnungshütte von Peter Behrens.
Figurenschmuck und Innenausstattung
Aufgelockert wird die Fassade durch Arkaden, Fenster und den breiten Balkon des Ratssitzungssaales, der von zwei Muschelkalkfiguren des Bildhauers Adam Antes flankiert wird.
Am Südportal befanden sich zwei Skulpturen des Bildhauers Leopold Fleischhacker, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden.
Im Inneren akzentuieren aufwendige Marmorverkleidungen und farbige Keramikoberflächen Türen und Wandsockel.
Die Paternosteraufzüge des Gebäudes sind noch heute in Betrieb.
Sanierung
Im Jahr 2000 wurden die technischen Fachbereiche und Ämter in das so genannte Technische Rathaus, ein ehemaliges Verwaltungsgebäude der Gutehoffnungshütte, im Stadtteil Sterkrade überführt.
Im Rahmen des 75-jährigen Jubiläums von Groß-Oberhausen wurde 2004 der Grillopark in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt.
Die Stuckdecke mit geschlagenem Aluminium und die farbig verglasten Fenster des Sitzungssaals im zweiten Obergeschoss sind im Original erhalten und wurden 2023 freigelegt und restauriert.