1929 – 1930
Architekt: Adolf Rading
Ebertstraße 26, Zwenkau
Das Wohnhaus mit Arztpraxis wurde 1929 bis 1930 nach Plänen des Architekten Adolf Rading für den Arzt Dr. Erich Rabe und seine Frau Erna in Zwenkau erbaut.
Bei der Innenausstattung arbeitete Rading eng mit dem Künstler und Meister des Bauhauses Oskar Schlemmer zusammen.
Vorgeschichte
Adolf Rading hatte seine Bauherren meist über private Beziehungen kennengelernt. So auch beim Auftrag für das Haus Rabe. Erna Rabe war eine Schulfreundin von Else Leschnitzer, die Adolf Rading 1928 geheiratet hatte.
Das private Wohnhaus Rabe eröffnete nach Radings Projekten zu den Werkbund-Ausstellungen in Stuttgart und Breslau gestalterische Möglichkeiten, die er gemeinsam mit Oskar Schlemmer im Sinne eines Gesamtkunstwerks umzusetzen wusste.
Der Entwurf des kubischen Einfamilienhauses auf dem Grundstück Ebertstraße 26 stieß zunächst auf Ablehnung in der Nachbarschaft und vor allem bei den Genehmigungsbehörden. Die Baugenehmigung wurde schließlich unter anderem auch deswegen erteilt, weil die Straßenfassade laut Genehmigungsplännen überwiegend von Bäumen verdeckt werden sollte.
Bauwerk
Das schlichte Äußere des Baukörpers, ein weiß verputzter Würfel mit türkis lackierten Fensterrahmen, verrät zunächst nichts über den Reiz der räumlichen Gestaltung im Inneren.
Im Erdgeschoss des dreigeschossigen Hauses befanden sich die Praxis- und Warteräume, die über einen separaten Eingang zu erreichen waren, sowie die Garage und eine kleine Wohnung für das Hauspersonal.
Radings Wohnkonzept für das Haus Rabe entwickelte er um eine, über zwei Stockwerke reichende, zentrale Halle mit großen Fensterflächen zur Straßen- und Gartenseite.
Zum Garten hin ist dem Wohnraum ein Wintergarten mit Veranda vorgelagert, der über eine Freitreppe direkt mit diesem verbunden ist.
Die zentrale Wohnhalle nimmt die gesamte Tiefe des Hauses ein. Die Gläser der großen Fensterfront zur Straßenseite sind mit einem geometrischen Muster geätzt, das unerwünschte Einblicke verhindert.
Innenräume
An die Wohnhalle schließen sich Küche und Sanitärräume sowie Gäste- und Kinderspielzimmer an. Auf der Straßenseite der Wohnhalle befindet sich in einer Nische eine Kaminecke mit Bibliothek.
Adolf Rading entwarf den Grundriss, die Raumgliederung sowie das Farbkonzept für das Wohnhaus. Oskar Schlemmer übernahm die künstlerische Ausgestaltung und die Innendekoration des Hauses.
Nach Radings Vorgaben wurden als Kontrast zu den hellen, olivgrünen Wänden der Wohnhalle rote Wandschranktüren und ein großflächiger, geometrisch gemusterter Bodenbelag aus blauem, grauem, schwarzem und rotem Linoleum gesetzt.
Die Decke über der Kaminnische versah Rading mit geometrischen Flächen in schwarzen, grauen und weißen Farben.
Kunst
Die über zwei Stockwerke reichende vierteilige Metallkomposition von Oskar Schlemmer, bestehend aus den Elementen ‚Homo, Figur T‘ sowie einer Relieffigur, einem Achsenkreuz und einem Kopf im Profil ist im Originalzustand erhalten. Sie wird durch eine zeitgenössische Röhrenlampenkonstruktion beleuchtet.
Die Drahtplastik ‚Homo, Figur T‘ geht auf eine Tuschezeichnung von 1919/20 zurück, die Schlemmer am Bauhaus in Weimar gefertigt hatte.
Sie bildete, geringfügig verändert, die Vorlage für die Wanddekoration im Haus Rabe, deren fünf Meter hoher Profilkopf aus einem Band in Kupferblech geformt ist.
Innenausstattung
Als Möblierung der Wohnhalle plante Rading ursprünglich mit schwarzen Stoffen bezogene, filigrane Stahlrohrmöbel. Über dem runden Esstisch ist eine an der Wand befestigte, auskragende, verstellbare Lampenkonstruktion installiert.
Im Obergeschoss des Hauses befanden sich die privaten Räume der Familie und ein Zimmer für das Kindermädchen.
Das Obergeschoss erreicht man über einen Treppenaufgang, das ein dreiteiliges, über zwei Stockwerke reichendes Wandbild von Oskar Schlemmer schmückt.
Am Treppenaufgang befindet sich ein Profilkopf, dessen Umriss die Drehung des Treppengeländers nachzeichnet.
Neben dem vertikalen Fensterband im Treppenhaus zeichnete Schlemmer eine über zwei Stockwerke reichenden Karyatide. Den Übergang zum Obergeschoss markiert eine gestreckte, tänzerische Halbfigur.
Straßenseitig wurden das Kinderzimmer mit Durchgang zum Familienbad eingerichtet.
Über einen zweiten Ausgang gelangt man vom Bad aus in das Schlafzimmer der Eltern. Dort dominieren die Farben Rot und Weiß an Wänden, Decken und Fußboden, zu denen das in schwarz gehaltene Bett einen Kontrast bildet.
Sanierung und heutige Nutzung
Nach der Fertigstellung des Gebäudes lebte und arbeitete das Ehepaar Rabe bis 1965 im Haus, anschließend übernahm ihre Tochter Gabriele Schwarzer die Arztpraxis.
1994 kaufte der Kunstmäzen Horst Schmitter das Gebäude und ließ das Haus, das noch nahezu im Orginalzustand erhalten war, durch das Büro Albert Speer & Partner in den Jahren 1995 bis 1996 denkmalgerecht sanieren.
Mittlerweile wurde das Denkmal durch die Kulturstiftung Leipzig übernommen. In den Jahren 2017 bis 2018 wurde das Haus erneut saniert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.