1923 – 1925
Architekt: Otto Haesler, Farbkonzept: Karl Völker
Wehlstraße 29-31, Italienischer Garten 1-8, Celle
Die denkmalgeschützte Siedlung Italienischer Garten ist eine Wohnsiedlung in der Stadt Celle, Niedersachsen und wurde in den Jahren 1924 bis 1926 nach Plänen des Architekten Otto Haesler errichtet.
Sie gilt als erste Siedlung im Stil des Neuen Bauens in der Weimarer Republik, deren Fassaden farbig gestaltet waren.
Vorgeschichte
Im Dezember 1923 war durch den Celler Kaufmann Wilhelm Jäger die Volkshilfegesellschaft mbH gegründet worden, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, die Wohnungsnot mittels Hilfe zur Selbsthilfe zu lindern.
Jeder Bürger, der sich im Besitz eines unbelasteten Grundstücks befand, sollte dieses mit einer Hypothek belasten und diesen Beitrag der Volkshilfegesellschaft zur Verfügung stellen. Als Gegenwert bot die Gesellschaft Genossenschaftsanteile an. Auch Bürger ohne Grundstück konnten Mitglied werden: Ein Genossenschaftsanteil kostete fünfzig Goldmark.
Otto Haesler
Otto Haesler, der bereits ein privates Bauvorhaben für Jäger ausgeführt hatte, saß im Vorstand der Stiftung und wurde mit der Ausführung der ersten Siedlung der Genossenschaft beauftragt.
1924 erwarb die Volkshilfegesellschaft das Baugelände von der Stadt Celle. Die Bauarbeiten liefen bauabschnittsweise von November 1924 bis Februar 1926. Bereits im Januar 1926 waren alle 44 Wohnungen bezogen.
Name
Ihren Namen erhielt die Siedlung aufgrund ihres Bauplatzes, der sich südöstlich der Altstadt von Celle auf dem langgestreckten Grundstück des einstigen Italienischen Gartens in Celle befand.
Der Italienische Garten war als höfischer Garten gemeinsam mit dem benachbarten Französischen Garten im 17. Jahrhundert entstanden.
Siedlung
Die Siedlung besteht aus zwei Sechsfamilienhäusern als Kopfbauten und insgesamt acht sich gegenüberstehenden Vierfamilienhäusern mit dazugehörigen Nutzgärten.
Zwischen den Kopfbauten zweigt im rechten Winkel die beim Bau der Siedlung neu angelegte Straße Italienischer Garten nach Osten ab, hier tragen die zugehörigen acht Bauten die Hausnummern 1 bis 8.
Wohnungen
Die Wohnungen in den Siedlungsbauten verfügten über eine Wohnfläche zwischen 129 und 143 Quadratmetern und waren großzügig bemessen. Käufer und Bewohner der Häuser kamen von Anfang an nicht aus der Arbeiterschaft, sondern gehörten der gehobenen Mittelschicht an.
Die beiden querstehenden, breit gelagerten Walmdachbauten an der Wehlstraße bilden den westlichen Eingang zur Siedlung. Im Innern der Sechsfamilienhäuser befinden sich auf jeder Etage jeweils Wohnungen mit sechs Zimmern und einer Wohnfläche von 145 Quadratmetern.
Dahinter liegen acht Vierfamilienhäuser mit Flachdach, die sich in zwei Viererreihen gegenüber stehen. Jedem Haus ist ein Vorgarten und ein rückwärtiger Nutzgarten zugeordnet.
Gestaltung
Alle Häuser besitzen einen hell gestrichenen zweieinhalbgeschossigen Mittelteil mit zentralem Eingang und Treppenhaus. Das etwas höhere Halbgeschoss dient als Trockenboden.
Türen und Fenster stechen in leuchtendem Rot hervor. Seitlich davon befinden sich vollflächig farbige zweigeschossige Kuben, die wie in den mittleren Teil eingeschoben wirken.
Die Fenstergestaltung in den Seitenkuben mit den an die Hauskante gerückten Fenstern hebt die Plastizität des Baus hervor.
An der rückwärtigen Fassade befinden sich kleine halbrunde Balkone sowie angrenzend ein 250 Quadratmeter großes Gartenstück zur Selbstversorgung, das jeder Wohneinheit zugeordnet war.
Farbkonzept
Das Farbkonzept der Fassaden ist ein Entwurf des Malers Karl Völker, welcher dem Architekten Otto Haesler von seinem Kollegen Bruno Taut empfohlen worden war.
In seinem Celler Architekturbüro beschäftigte Otto Haesler zahlreiche Mitarbeiter. Darunter waren auch ehemalige Schüler des Dessauer Bauhauses. Neben Hermann Bunzel und Walter Tralau war dies auch die Architektin und Möbeldesignerin Katt Both als erste weibliche Mitarbeiterin des Büros.
Sanierung
Von 2005 bis 2006 wurde die Siedlung umfassend saniert. Dabei wurde die Farbigkeit der Fassaden wieder hergestellt und die Kunststofffenster durch Holzfenster mit der ursprünglichen Sprosseneinteilung ersetzt.