1905 – 1907
Architekt: Max Littmann
Pettenkoferstraße 11, München
Die Königliche Anatomie München wurde von 1905 bis 1907 als Neue Anatomische Anstalt nach Plänen des Architekten Max Littmann erbaut.
Stahlbeton
Bereits zu ihrer Entstehungszeit galt sie als einzigartig in Bezug auf funktionale Konzeption, technische Ausstattung und die Verwendung von Eisenbeton.
Das gesamte Gebäude ist in Eisenbeton ausgeführt, was in diesem Maße an der Außenfassade noch nie gewagt worden war.
Den Zeitgenossen erschien es daher, wie in einem Bericht in der Süddeutschen Bauzeitung aus dem Jahr 1908 ausgeführt, wie aus einem Stück Beton geformt:
„…die Wände glatt und ruhig in dem feinen und matten Grau des Betons; fast ihr einziger Schmuck besteht in den aus der Konstruktion des Eisengerippes sich ergebenden Linien, die auch im Innern die einfache Gliederung der Wände bestimmen. …
In solchem Umfange ist die Anwendung des Materials Eisenbeton bei uns in der Architektur noch nicht gewagt worden, man kann sagen, das ganze Hauptgebäude ist eigentlich aus einem Stück Beton, …
die klare Entwicklung der Formen muß auch demjenigen sofort plausibel werden, der den Zweck noch gar nicht kennt – so organisch wirkt das Ganze.“
Konstruktion
Dieser Bau ist ohne Vorbild in der deutschen Vorkriegsarchitektur und muß als richtungsweisendes Beispiel für ein in Grund- und Aufriß aus der Funktion neu entwickeltes Gebäude gewürdigt werden.
Die unregelmäßige Dreiflügelanlage mit zentraler Kuppel war wegen des Gebrauchs von Sichtbeton für Fassaden, Wände, Decken und Außenanlagen eines der Hauptwerke der beginnende Moderne und gleichzeitig eines der ersten großen Stahlbetonbauwerke Deutschlands.
Bauwerk
Die Neue Anatomische Anstalt ist der Nachfolgebau der von Leo von Klenze in den Jahren 1824 bis 1825 erbauten Anatomie, die nach Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg abgerissen wurde.
Das Gebäude besteht aus einem Mittelbau in Ost-West-Richtung mit einer Länge von zirka neunzig Metern.
An den Enden des Mittelbaus schließt der Westflügel mit einundvierzig Metern Länge und der Ostflügel mit fünfzig Metern Länge in Nord-Süd-Richtung an.
Gliederung
Der Bau gliedert sich in Kellergeschoss, Sockelgeschoss und drei Obergeschosse mit einer Gesamthöhe von rund siebenundzwanzig Metern.
Der zentral angeordnete und über zwei Geschosse reichende, halbkreisförmige Präpariersaal ist als Unterrichtsraum mit fünf rosettenförmig und offen anschließenden Apsidenräumen für die Arbeit der Studierenden gestaltet.
Jede Apside ist mit acht Fenstern aufgeglast und durch ein Oberlicht beleuchtet.
Kuppel
Die Kuppel über dem Mikroskopiersaal hat einen Durchmesser von zirka zweiundzwanzig Metern mit 10 cm Schalenstärke und ist eine der ersten Kuppelkonstruktionen aus Eisenbeton in Deutschland.
Der Bau befand sich auch in beleuchtungs- und haustechnischer Hinsicht auf dem damals modernsten Stand der Technik. Vier getrennte Heizungs- und Lüftsysteme versorgten die verschiedenen Räumlichkeiten.
Weitere Räume in der Anatomie sind der von Littmann in der Form eines Amphitheaters gestaltete Hörsaal, die anatomische Sammlung, Bibliothek, Treppenhalle, Laboratorien und Arbeitszimmer.
Das Gebäude hat den Zweiten Weltkrieg ohne nennenswerte Zerstörungen überstanden.
Denkmalschutz und Sanierung
Die Anlage ist denkmalgeschützt und wird heute noch als Anatomie durch die Medizinische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München genutzt.
Von 2004 bis 2006 wurde der Westflügel durch einen Erweiterungsbau nach Süden ergänzt. 2014 wurde das Gebäude umfassend saniert.