1930 – 1933
Architekten: Fritz Höger, Ossip Klarwein
Hohenzollerndamm 202-203, Nassauische Straße 66-67, Nikolsburger Straße 1, Berlin
Die evangelische Kirche am Hohenzollernplatz in Berlin-Wilmersdorf wurde 1930 bis 1933 nach Entwürfen von Fritz Höger und Ossip Klarwein erbaut.
Die Kirche gilt als ein Hauptwerk deutscher expressionistischer Architektur. Ihre Grundform entspricht der einer dreischiffigen Langhausbasilika.
Umgangssprachlich wurde der Bau wegen seiner für eine Kirche ungewöhnlichen Form als „Kraftwerk Gottes“ bezeichnet.
Vorgeschichte
Bereits im Jahr 1929 war die ebenfalls expressionistische Kreuzkirche der Architekten Ernst und Günther Paulus am Hohenzollerndamm 130 im Berliner Ortsteil Schmargendorf errichtet worden.
Die Protestanten in Wilmersdorf hatten bisher ihre Gottesdienste in der Aula der Cecilien-Grundschule gefeiert und forderten nun ebenfalls den Bau eines repräsentativen Kirchenbaus in ihrem Viertel.
Als Standort für den Neubau der Kirche wählten Stadt und Gemeinde ein unbebautes Grundstück an der Südostecke des Hohenzollernplatzes.
Am 31. Mai 1929 wurde die generelle Vorgenehmigung des Projekts bei der Baupolizei beantragt.
Im Juli 1930 begannen die Erd- und Fundamentarbeiten und am 30. September fand die feierliche Grundsteinlegung statt.
Im August 1931 begann man mit den Innenarbeiten der Kirche. Am 12. Februar 1932 wurde der Rohbau der Kirche abgenommen.
Am 9. März 1933 konnte der Kirchenbau endgültig in Gebrauch genommen werden.
Bauwerk
Der Turm als höchster Punkt der Kirche befindet sich in den Sichtachsen von Fasanen- und Nikolsburger Straße, von Hohenzollerndamm und Düsseldorfer Straße sowie Nassauischer Straße.
Mit einer Höhe von 66 Metern überragt er die umliegenden Häuser, die nach Berliner Traufhöhe lediglich 22 m hoch sind.
Im Inneren der Kirche wurde dieses Höhenmaß aufgenommen, während die Kirche außen durch den darunterliegenden Gemeindesaal eine Höhe von 28 Metern erreicht.
Konstruktion
Bei der Konstruktion der Kirche wurden zunächst dreizehn Stahlbetonbinder gegossen. Die Schalholzbretter wurden vorab mit Zahnspachteln bearbeitet, so dass sich beim Guss eine besonder Maserung des Betons ergab.
Im Inneren der Kirche erinnerte die so entstandene Maserung an die Spanten eines umgedrehten Schiffsrumpfes.
Stahlbeton kam lediglich bei den Bindern der Kirche zum Einsatz.
Fassade und Dach
Die Fassade ist als Stahlskelett konstruiert und erfuhr, typisch für die Entwürfe aus dem Büro Fritz Höger, eine strukturierte Verkleidung durch Klinker, die Fritz Höger gerne als ‚Bauedelsteine‘ betitelte.
Rotviolette, zum Teil vergoldete Klinker, mit unterschiedlichen Lichtwerten sorgten für die lebendige Wandtextur.
Das grüne Kupferdach wurde als bewusster Kontrast zu den Klinkern gesetzt.
Klinker
Zur Platzseite hin verwendete man Handstrich-Klinker in der Farbsortierung Blau und Mildblau, zur Südseite hin Bockhorner Maschinenklinker in der Nuance Chausseeblau.
Neben der sorgfältigen Farbwahl der Klinker trug auch die Verlegung der Klinker zur lebendigen Wirkung der Fassadenwände bei. Sie wurden im Märkischen Verband (zwei Läuferflächen und darauffolgend eine Kopffläche) sowie im Blockverband (abwechselnde Läufer- und Kopffläche) gemauert.
Die Mauerfugen wurden abgeschrägt, was das Abfließen des Regenwassers erleichterte und einen zusätzlichen Schatteneffekt erzeugte.
Einzelne Steine wurden als Vorboten des Innenraums einseitig mit Goldflächen versehen.
Im Portalbereich, zu dem eine runde Treppe an der Westseite der Kirche führt, sind die Lagerfugen mit kleinen Goldsteinen belegt. Die Vorhalle ist mit Mosaiken geschmückt.
Innenraum
Betritt man den Innenraum fällt sofort der Unterschied zum kubisch kompakten äußeren Erscheinungsbild der Kirche ins Auge.
Die sorgfältig geplante Lichtdramaturgie belebt die gotisierenden Spitzbögen und erzeugt im Wechsel der Licht- und Schattenzonen einen aufstrebenden, geradezu mystischen Raumeindruck.
Gegenüber dem ursprünglichen Zustand präsentiert sich der Innenraum der Kirche heute völlig verändert.
In der urspüngliche Farbgestaltung gingen die Fenster im Schiff im chromatischen Farbablauf von oben nach unten vom hellen Gelb in Rot über. Die Sgraffitos in den Brüstungsfeldern unter den Kirchenschifffenstern waren in kräftigem Rot mit etwas Blaugrau gestaltet.
Die Wände der Seitengänge waren in kräftigen Rot gestrichen.
Das elektrische Licht der Kirche kam von Hängelampen, deren Licht nach unten gelblich und nach oben bläulich leuchtete.
Nachkriegszeit und Sanierung
Im Jahr 1943 brannte die Kirche komplett aus. Die Kirchenfenster, die Orgel sowie die Innenausstattung gingen unwiederbringlich verloren.
Nach Abschluss des 1951 begonnenen Wiederaufbaus wurde die Kirche 1966 unter Denkmalschutz gestellt.
In den Jahren 1990 bis 1991 wurde die Kirche durch das Büro BASD Gerhard Schlotter umfassend saniert und neue Fenster nach Entwürfen von Achim Feyer geschaffen.
Zum Kirchenkomplex gehört ein Gemeindehaus und das Pfarrerwohnhaus mit teilweise erhaltener Ausstattung.