1914
Architekt: Ernst Lichtblau
Wattmanngasse 29, Wien
Das dreigeschossige denkmalgeschützte Wohnhaus wurde 1914 nach Plänen von Ernst Lichtblau für die Bauherrin Ida Hofmann in Wien-Hietzing errichtet.
Wegen seiner ungewöhnlichen Fassadengestaltung wurde das Haus im Volksmund Schokoladenhaus (oder Schokoladehaus) genannt.
Ida Hoffmann war verheiratet mit dem Besitzer einer Fabrik für Meerschaumpfeifen.
Wien war seit Beginn des 19. Jahrhunderts eine Metropole der Meerschaumpfeifenerzeugung. Bekannte Hersteller waren Andreas Bauer, Leopold Weiss und Robert Strambach.
Der Architekt Ernst Lichtblau gehörte zu den wenigen Schülern Otto Wagners, die sich Tendenzen der Architektur der Zwischenkriegsmoderne annäherten.
In der Verwendung von Motiven aus der Volkskunst, in Formen, die bereits auf das kommende Art déco verweisen sowie in der Ausformung von horizontalen Fensterbändern nahm Lichtblau Elemente der Architektur der zwanziger Jahre vorweg.
Die Majolika Reliefs sind Entwürfe des Bildhauers und Keramikers Willibald (Willy) Russ.
Sie sind verziert mit märchenhaften Tier- und Pflanzenfiguren sowie phantasievollen Ornamenten.
Die Motive scheinen direkt der Volkskunst entnommen zu sein, die der Wiener Werkstätte ständige Inspirationen lieferte.
Sie können auch als überdimensionierte Schnitzereien auf Meerschaumpfeifen als Hinweis auf die berufliche Tätigkeit des Bauherrn gedeutet werden.
Die hochrechteckigen Keramikfelder zwischen den Fenstern und um das Eingangsportal bestehen aus floralen und figuralen Darstellungen, die in den drei Geschossen variieren.
Im Hochparterre wurden in drei Reliefs die Buchstaben H, I und S eingearbeitet.
Im Figurenrelief an der linken Seite des Eingangsportales befindet sich die Jahreszahl 1914.
Das Dachgesims ist mehrfach gestuft und mit Reliefleisten mit Pflanzen- und Vogeldarstellungen geschmückt.
Dunkelbraune Majolikagesimse verbinden die Fensterreihen der Geschosse. Die glatten Flächen der Fassade bestanden ursprünglich aus geschliffenem Carraramarmor.
Die wie Pfeiler wirkenden Wandstücke zwischen den Fenstern verstärken den Eindruck eines Fensterband Motivs.
Die keramischen Verkleidungen der Bauten der Otto Wagner Schüler und Mitarbeiter sind meist vom Majolikahaus an der Linken Wienzeile abgeleitet.
Der Schmuck an der Fassade des Schokoladenhauses erinnert an die Majolikareliefs, die Richard Luksch 1908 für die Fassade der Handelsakademie der Wiener Kaufmannschaft am Hamerlingplatz in Wien geschaffen hat.
1914 erhielt das Lichtblau Haus in der Wattmanngasse den „Preis der Gemeinde Wien für hervorragende Bauten“.
1932 erfolgte eine Wohnungsteilung,
1938 wurde das Dach des Hauses ausgebaut. Wo ursprünglich Trockenraum und Bügelkammer lagen, errichtete man eine Wohnung. Die ehemalige Waschküche wurde zu einem Atelier umgebaut.
Die extravagante Fassade fand in Wien keine unmittelbaren Nachfolger, jedoch findet sich keramischer Fassadenschmuck häufig an späteren Bauten der Zwischenkriegsmoderne.
Danke für die Darstellung dieses künstlerischen Juwels. Ich bin begeistert von der Qualität der Entwürfe und der präzisen Ausführung der Keramik. Insgesamt ein höchst reizvolles Gebäude. Wenn die Wohnungen auch gut sind, so ist es wunderbar.