1912
Architekt: Hugo Kaiser
Landsberger Straße 122–132, München
Das ehemalige Hauptzollamt München ist ein Gebäudekomplex aus dem Jahr 1912 an der Landsberger Straße 122–132 im Münchner Stadtteil Schwanthalerhöhe.
Entworfen wurde der Bau vom königlichen Regierungs- und Bauassessor Hugo Kaiser.
In dem weitläufigen Gebäudekomplex war bis 2004 das Hauptzollamt der Stadt München untergebracht.
Die Bauten sind in einer Kombination aus spätem Jugendstil und Reformarchitektur errichtet.
Bereits seit 1807 gab es in Bayern eine moderne Finanzverwaltung mit einer General-Zoll- und Maut-Direktion. 1874 wurde das Hauptzollamt München in einen Bau von Friedrich Bürklein an der Bayerstraße in der Nähe des Münchner Hauptbahnhofs verlegt.
Durch einen Aufschwung des Fernhandels und ein neues Zollgesetz von 1906 genügte das Hauptzollamt nicht mehr dem Bedarf. Eine Erweiterung auf dem Grundstück war nicht möglich. Daher gab die Regierung 1908 einen Neubau für das Hauptzollamt München in Auftrag.
Entwurf und Modell von Hugo Kaiser wurden 1908 von Prinzregent Luitpold genehmigt. Von 1909 bis 1912 wurden die Gebäude errichtet und am 1. Juli 1912 durch seinen Sohn Prinz Ludwig eingeweiht.
Lagerhalle und Verwaltungsgebäude waren in Eisenbeton-Skelettbauweise errichtet und zählten zu den ersten Eisenbetonbauten dieser Größe in Europa.
Die Eisenbetonkonstruktionen wurden von den Münchner Bauunternehmungen Gebr. Rank und Heilmann & Littmann ausgeführt, die Schmiedeeisenarbeiten kamen von F. F. Kustermann.
Die Heizungsanlage stammte von den Eisenwerken Kaiserslautern. Kräne lieferten die Nürnberger Maschinenfabrik Wilhelm Spaeth und das Würzburger Unternehmen Georg Noell & Co. Die Rohrpostanlage wurde von Alois Zettler erstellt, weitere technische Installationen stammten von den Siemens-Schuckertwerken.
Das rund 35.000 m² großem Grundstück wurde mit 14.000 m² Grundfläche überbaut.
Der gesamte Komplex umfasst den Verwaltungsbau, das im Norden rechtwinklig anschließende und nach Westen verlaufende 180 m lange Lagergebäude, die im Osten abgesetzte Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt sowie im Süden an der Landsberger Straße drei Wohnblöcke für Angestellte.
Der Verwaltungsbau, das eigentliche Zollamt, ist in Nord-Süd-Richtung orientiert und weist eine Schaufassade mit konvex ausgebautem Giebel und Uhrenturm auf.
Die Schauseite des Gebäudes wird durch einen quergestellten Bürotrakt gebildet, hinter dem die zentrale Schalterhalle liegt. Sie ist 35 m lang, 14,5 m breit und reicht mit 14 m Höhe über drei Stockwerke.
Die Schalterhalle ist durch ein Tonnengewölbe mit gewaltigen Rahmenbindern aus Eisenbeton gekennzeichnet. Die Deckenflächen sind mit kassettenförmigem Stuck verziert.
Hinter dem Verwaltungsbau, quer dazu an den Eisenbahngleisen, liegt der Lagertrakt. Er hat vier Hauptgeschosse und einschließlich Dach und Kellern insgesamt neun Etagen mit zusammen rund 30.000 m² Lagerfläche.
Das Erdgeschoss diente zur Zollabfertigung, die Obergeschosse wurden als Zollfreilager verwendet.
Im östlichen Drittel unterbricht die Kuppel des 45 m hohen Lichtschachts das massive Satteldach. Sie überragt den First des Lagerhauses um 18 m.
Die viergeschossigen Wohnblöcke an der Landsberger Straße enthielten 47 Wohnungen für Mitarbeiter des Zollamtes.
Sie waren je nach Dienstrang gestaffelt zwischen sieben Zimmern für den Amtsleiter, Vier- bis Fünf-Zimmerwohnungen für Zollinspektoren und Drei-Zimmerwohnungen für sonstige Beamte, Aufseher und Maschinisten.
Alle Wohnungen hatten Küchen mit Gasherden und Zentralheizung. Die gehobenen Wohnungen verfügten über eigene Bäder und Elektrizität. Der Hof zwischen den Wohngebäuden war begrünt und mit einem Kinderspielplatz ausgestattet.
Die Bildhauerarbeiten an den Fassaden und im Inneren des Verwaltungsgebäudes stammen von Georg Albertshofer und Julius Seidler.
Im Vestibül und in der Schalterhalle finden sich geschmiedete Ziergitter, geschnitzte Treppengeländerstützen und Schalterfronten aus poliertem Muschelkalk.
Andere Bereiche waren mit Wanddekorationen in Schablonentechnik verziert, die mit Palmettenfriesen, Perlschnüren und Kassetten die Wände gliederten.
Seit 1976 steht das Hauptzollamt unter Denkmalschutz.
Das Gebäude der zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt wurde von 2011 bis 2014 generalsaniert, nachdem die Labore der Prüfanstalt in einen Neubau in der Nähe des Münchner Flughafens gezogen sind.
In die leerstehenden Büros zogen Zolldienststellen und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Die angegliederten Wohnhäuser werden durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vermietet, bevorzugt an Beamte des Bundes.